56. Berliner Theatertreffen
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THOM LUZ UND BERNETTA THEATERPRODUKTIONEN
mit GIRL FROM THE FOG MACHINE FACTORY
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Bewertung:
Nach viel heißer Luft mit Simon Stones Hotel Strindberg gab es zwei Tage später auf gleicher Bühne jede Menge kalten Rauch, sprich Trockeneisnebel von Nebelfachmann Thom Luz. In Girl from the Fog Machine Factory frönt der Schweizer Regisseur und Effekttüftler ganz besonders einem seiner Lieblingstheatermittel. Was daran allerdings so bemerkenswert sein soll, bleibt wohl eins der vielen besonders gehüteten Geheimnisse der Theatertreffen-Jury, die nach Atlas der abgelegenen Inseln (2015) und Traurige Zauberer (2017) Thom Luz nun auch schon zum dritten Mal in Berlin nebeln lässt. In großer deutsch-schweizerischer Koproduktion von Zürich über Basel, Chur, Lausanne, Luzern bis Hamburg bringt Luz wieder eine seiner kleinen, rein atmosphärisch angelegten Abende auf die Hinterbühne im Haus der Berliner Festspiele, die man nur über den hinteren Bühneneingang erreicht.
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Dass Luz‘ Theater ganz aus dieser Welt gefallen scheint, offenbart sich schon in dem stark Marthalerndem Eingangs-Choral „It’s a long time, a very long time, long time ago“, der minutenlang in Dauerschleife erklingt, bis das Personal einer kurz vor der Pleite stehenden Nebelmaschinenfabrik beginnt, da zahlungskräftige Kunden ausbleiben, ihr eigenes Ding zu machen. Und puff, zisch, pling läuft die kleine Bühnenmaschinerie bestehend aus besagten großen und kleineren Nebelmaschinen, Ventilatoren, Radiogeräten, Voice-Decodern usw. an, und die Crew an Streich- und Tasteninstrumenten unter der musikalischen Leitung von Mathias Weibel nimmt ihre Arbeit auf.
Nicht ganz umsonst, denn nachdem sich besagtes Girl (Fhunyue Gao) in die Fog Machine Factory verlaufen hat, zeigen Sigurður Arent Jónsson, Mara Miribung und Samuel Streiff, was sie zum Beispiel für schöne Rauchringe aus langen Röhren und Klänge mit den Rotorblättern der Ventilatoren aus Violine und Cello zaubern können. Wolken ziehen vorüber, oder Les passage dʼun nuage, wie ein Lied des französischen Komponisten Francis Poulenc heißt, wird zum Motto des Abends, oder auch die Behauptung: „Jede Nebelwolke ist nur so gut, wie die Geschichte, die sich dahinter verbirgt.“ Was eigentlich die Fantasie und Vorstellungskraft ankurbeln soll, wirkt hier aber eher wie ein beständig waberndes Bekenntnis zur Kleinkunst, die Nebelwolken in allen erdenklichen Formen entstehen lässt und den Nebelmeister zum Ausverkäufer der eigenen Restposten macht. Luz im Sonderangebot.
Textlich geht es von kleinen Liebesgeschichten über einen Exkurs zur Trockeneisnebelmaschine bis zu den Remedia amoris, Ovids Ratschlägen zum Wieder-Entlieben. Und auch ein selbstironischer Hinwei: „Wenn die Regie nicht weiter weiß, greift sie zum Trockeneis.“ lässt kurz schmunzeln. Nach einer Stunde Demonstration, dass so eine Nebelwolke schön anzuschauen ist, aber trotzdem „nicht tut, was man von ihr erwartet“, geht dem Abend sichtlich die Luft aus. Und auch wenn das Einatmen des Nebels nicht giftig, das Ausatmen aber doch recht gefährlich sein soll, hält man nicht gerade vor Spannung den Atem an und fiehle sicher ins frisch gemachte Nebelbett, wenn nicht aus dem Radio plötzlich mittels Breaking News das Ende der Nebelmaschinenfabrik in einem flammenden Inferno angekündigt würde. Der Rest des Abends ist dann leider wieder eine fast endlose Marthalerei.
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Girl from the Fog Machine Factory von Thom Luz | Foto (C) Sandra Then
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Stefan Bock - 8. Mai 2019 ID 11401
GIRL FROM THE FOG MACHINE FACTORY (Haus der Berliner Festspiele, 07.05.2019)
Regie, Raum, Lichtdesign: Thom Luz
Musikalische Leitung: Mathias Weibel
Kostüme: Katharina Baldauf, Tina Bleuler
Sounddesign: Martin Hofstetter
Lichtkonzept: Tina Bleuler, Thom Luz
Mit: Fhunyue Gao, Sigurður Arent Jónsson, Mara Miribung, Samuel Streiff und Mathias Weibel
Uraufführung in der Gessnerallee Zürich war am 17. Mai 2018.
Eine Produktion von Thom Luz und Bernetta Theaterproduktionen
Koproduktion mit Gessnerallee Zürich, Théâtre Vidy-Lausanne, Kaserne Basel, Internationales Sommerfestival Kampnagel Hamburg, Theater Chur, Südpol Luzern
Gastspiel zum 56. Berliner Theatertreffen
Weitere Infos siehe auch: https://bernetta.net/thomluz
Post an Stefan Bock
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