Von sowas
kommt halt
sowas oder so
Dauerbrennerverdächtig: HOOL nach Philipp Winkler
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Hool am Schauspiel Köln | Foto (C) David Baltzer
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Bewertung:
Die Regiehandschrift von Nuran David Calis ist, in letzter Zeit, jedesmal gleich: Seine ProtagonistInnen stattet er zusätzlich, außer mit ihrer menschlichen Präsenz nebst schauspielernden Fertigkeit, mit Kameras auf Kamerastativen aus, in die sie dann, mal mehr oder mal weniger, hineinzuschauen und hineinzusprechen haben, um ihre Gesichtsmimik auf hie und da verstreute Leinwände und/oder andere Sehflächen, die der Bühnenraum (von Anne Ehrlich) bietet, zu vergrößern und zu doppeln - eine Handhabung, die das Regietheater übrigens seit Jahren und Jahrzehnten praktiziert, und RegisseurInnen wie beispielsweise Katie Mitchell und Frank Castorf hatten's diesbezüglich zu schier unvergesslich anmutenden Bildsprachen gebracht, die ihre Inszenierungskunst als exemplarisch und auch unverwechselbar markieren. Calis' Art das auch zu machen wirkt da ungemein bescheidener [es funktionierte gut bei Glaubenskämpfer oder Istanbul ] und hat mitunter allerdings etwas Beliebiges, will sagen: Ohne dem würden wohl seine inszeniererischen Anliegen nicht groß ins Nichts verpuffen. Sowieso nicht, wenn er solche ausdrucksstarken und allein von ihrer durchtrainierten Körpersprache her geradezu fast einschüchternden und gleichsam nicht minder hochsympathischen Jungschauspieler wie Simon Kirsch, Justus Maier und Daron Yates für Hool besetzen konnte!
Das Trio spielt und spricht mehrere Rollen, oftmals auch untereinander ausgetauscht. Zumeist erfährt man mittels umständlicher Monologe, wer dann augenblicklich wer ist und worum es früher oder jetzt gegangen war bzw. geht; selten sind Dialog- bzw. Trialogszenen erfahrbar. Ein bereitstehender und stets einsehbarer Wohn-Container zeigt das Lebens- als wie Wohnumfeld einer der im Roman vorhandenen Figuren (Heiko, glaube ich); darin sind auch zwei Plastikpuppen, die entweder Heiko's Vater oder Heiko's Freundin oder so "verkörpern" sollen; je nachdem, wann oder wie sie dramaturgisch zu Gebrauche stehen.
Für Roman-Unkundige - wie mich z.B. - tut sich durch die Calis-Sicht der Dinge eine von den Vor- und Jetztgeschichten in dem Hool-Roman von Philipp Winkler so herauskristallisieren: Hans, der Vater, war und ist ein Trinker. Daher tat ihn seine Frau verlassen. Dann holte er sich nach einem Thailand-Trip die junge Mie als (Folge-)Frau ins Haus. Das wiederum konnten Sohn Heiko sowie Tochter Marion nicht verkraften, und so kam es wie es kommen musste, dass der Heiko, eigentlich (so wie sein Vater) Fan des Fußballclubs Hannover 96, sich für Hooligans interessieren sollte/wollte und in derartige Kreise beinah wie von selbst geriet o.s.ä.
Schließlich wird uns weisgemacht, dass es am Ende einen wohlweislichen Unterschied zwischen faschistoiden Glatzen-Hools und links gerichteten Protest-Hools geben würde, was an sich bereits zu hinterfragen wäre, denn: gewalttätige Arschlöcher sind sie wohl "beide", völlig wurscht ob rechts oder ob links.
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Nichts desto Trotz scheint dieses insbesondere von der gesellschaftsphänomenischen Thematik her v.a. jugendliche Zuschauer ansprechende Theater-Unterfangen eine nachvollziehbar starke Sogwirkung zu implizieren. Das ist gar nicht mal so schlecht gedacht, nein, es vermag sogar - durch Aufzeigung sinnlosester Gewaltausbrüche unsrer vorgeführten jungen Zeitgenossen nebst ihrer arg schüttern aufgeblätterten Sozialherkünfte - Herzkammern zu öffnen und die Seelen für womöglich "Positiveres" zu stimulieren.
Und: Das Schauspiel Köln wurde nunmehr um einen Dauerbrenner reicher.
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Hool am Schauspiel Köln | Foto (C) David Baltzer
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Andre Sokolowski - 4. Januar 2018 ID 10455
HOOL (Depot 2, 03.01.2018)
Regie: Nuran David Calis
Bühne: Anne Ehrlich
Kostüme: Tine Becker
Musik: Vivan Bhatti
Licht: Michael Frank
Dramaturgie: Stawrula Panagiotaki
Mit: Simon Kirsch, Justus Maier und Daron Yates
Premiere am Schauspiel Köln: 15. Dezember 2017
Weitere Termine: 09., 16., 19., 26., 30.01. / 07., 14., 23.02.2018
Weitere Infos siehe auch: http://www.schauspiel.koeln
http://www.andre-sokolowski.de
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