In einem dichten Birkenwald, Nebel von Henriette Dushe
Landestheater Detmold
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Bewertung:
Die junge Dramatikerin Henriette Dushe aus Halle kann man getrost zu den Entdeckungen der diesjährigen AUTORENTHEATERTAGE in Berlin zählen. Sie ist mit zwei Stücken zum Festival im Deutschen Theater eingeladen. Ihr Stück In einem dichten Birkenwald, Nebel, das Regisseur Malte Kreuzfeldt am Detmolder Landestheater uraufgeführt hat, wirkt wie eine thematische Fortsetzung ihres Heidelberger Preisträgerstücks Lupus in Fabula, das in einer Inszenierung von Claudia Bossard vom Grazer Schauspielhaus zu sehen war.
In der nur etwa eine Stunde währenden Detmolder Inszenierung haben sich die drei Schwestern aus Graz in eine Junge (Karoline Stegemann), Ältere (Heidrun Schweda) und Weder noch (Marie Luisa Kerkhoff) verwandelt. Drei Frauen am Rande des Nervenzusammenbruchs, denen die Autorin noch einen Dreierchor depressiver Männer (Stephan Clemens, Roman Weltzien, Henry Klinder) hinzugesellt hat. Sie alle sind in einem diffusen Birkenwald gestrandet, der sich unscharf auf einem durchsichtigen Gazevorhang abzeichnet, und wissen nicht mehr weiter. Dushe nennt das Ganze dann auch „Eine Bühnenelegie für drei Schauspielerinnen und einen Männerchor von drei Stimmen“.
Besagter Chor äußert sich dann auch zunächst recht larmoyant über zunehmende Müdigkeit und ein sich auflösendes Leben. Die Männer sind vom Regisseur in weiße Brautkleider gesteckt worden, während zunächst das sogenannte schwache Geschlecht die Hosen an hat und infolge Beziehungskonflikte mit einem imaginären männlichen Partner ausficht. Während die Männer Stresssyndrome beschreiben und hinter dem Vorhang symbolisch Stühle mit der Axt zertrümmern, geht vorn eine Beziehung an banal erscheinenden Alltagsproblemen und gegenseitigen Vorwürfen in die Brüche. Wie klassische TragödInnen werden alle von inneren Teufeln und Dämonen verfolgt oder Vergleiche wie Hölle und Fegefeuer als persönliche Zustandsbeschreibungen bemüht.
Wie eine sehnsüchtige Ode an die Schönheit der Natur wird immer wieder „Wie schön bist du, freundliche Stille, himmlische Ruh'!“ gesungen. Gegen den Klagechor der ProtagonistInnen über ein sich nicht einstellen wollendes Glück setzt Henriette Dushe Adolf Krummachers Gedicht Die Nacht in der Vertonung von Franz Schubert und den dichten Birkenwald als Metapher für die Vollkommenheit der Schöpfung. Der Mensch scheitert an den Gegebenheiten des alltäglichen Lebens. Im Unvermögen darüber zu sprechen und konstruktiv miteinander zu streiten, zeigt sich die Müdigkeit einer Generation, die an ihren hehren Zielen und Idealen gescheitert ist. Unzufriedenheit, Burnout-Syndrom und Depressionen sind Ausdruck und Folge der Schnelllebigkeit unserer heutigen Gesellschaft.
Träume zerplatzen wie die an der Decke hängenden Glühbirnen, Kompromisse verhindern die Souveränität und Emanzipation des Individuums. Geschlechterspezifische und typische Ost-West-Konflikte bringt Dushe noch zusätzlich ins Spiel. Wie die Kostüme wechseln im Lauf des Abends die Identitäten, je tiefer man sich ins aussichtslos zerstörte Beziehungsgeflecht verstrickt. Frauen und Männer nehmen schließlich bildlich gesehen ihre vorbestimmten Rollen wieder ein. Der Konflikt verebbt in völliger Lähmung. Eine der Frauen hängt hinter der Bühnentür am Strick. Letzte Ausfahrt Tod. So düster-melancholisch der Text auch klingen mag, eine Umkehr scheint möglich und geboten.
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In einem dichten Birkenwald, Nebel am Landestheater Detmold | Foto (C) Landestheater/Schomburg
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Stefan Bock - 25. Juni 2016 ID 9405
IN EINEM DICHTEN BIRKENWALD, NEBEL (DT-Box, 22.06.2016)
Regie und Ausstattung: Malte Kreutzfeldt
Dramaturgie: Christian Katzschmann
Besetzung:
Marie Luisa Kerkhoff (Weder noch)
Heidrun Schweda (Ältere)
Karoline Stegemann (Junge)
Stephan Clemens (Mann 1)
Roman Weltzien (Mann 2)
Henry Klinder (Mann 3)
Uraufführung am Landestheater Detmold: 15. Januar 2016
Gastspiel des Landestheaters Detmold zu den Autorentheatertagen Berlin 2016
Weitere Infos siehe auch: http://www.landestheater-detmold.de
Post an Stefan Bock
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