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nachDRUCK # 6

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Neue Stücke

NSU-Recherchen

AUCH DEUTSCHE UNTER DEN OPFERN von Tuğsal Moğul


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Der Programmschwerpunkt der diesjährigen Autorentheatertage am DT ist fokussiert auf NSU und Flüchtlinge. Geballter Maßen, sozusagen, wird sodurch vermittelt, dass sich deutschsprachige Bühnen ganz besonders engagiert, gezielt und leidenschaftlich diesen Themen widmen, weil es halt z.Z. die Themen sind, die ihnen - und auch uns, dem Publikum und also "Restmitgliedern" der Gesellschaft - auf den Nägeln brennen.

Gestern mussten wir erleben, dass dann ausgerechnet - und wer hätte das gedacht - das Burgtheater Wien an einem dieses durch und durch Behandelnswerten (= aktuelle Flüchtlingsproblematik) scheitern sollte; denn obgleich Elfriede Jelinek die Vorlage (Die Schutzbefohlenen) zum Besten gab, konnten doch Thalheimer & Co. mit ihr nicht wirklich etwas anfangen, ja und so geisterte eine gewisse Seelenleere, um nicht gar zu sagen Seelenlosigkeit in dem bespielten Raum, was doch sehr schade und frustrierend war.

Die Jelinek war freilich gleich am Anfang des noch bis zum Wochenschluss stattfindenden Stück-Festivals mit einem andern ihrer Fließtexte vertreten, der in seiner theatralen Umsetzung durchs Münchner Resi allerdings bedeutend trefflicher geriet [ganz zufällig war'n heute in den Zeitungen gerüchtliche Vermutungen als Meldung aufgegriffen worden, wonach bald Beate Zschäpe in dem seit zig Jahren sich verlaufenden Prozess gegen die NSU aussagen würde]; und da ging es ihr ganz namentlich um sie (= Beate Zschäpe), die sie prompt Das schweigende Mädchen titulierte.

* * *

Heute gab's nun NSU-Haltiges vom Theater Münster zu erleben: Auch Deutsche unter den Opfern nannte sich der als "Rechercheprojekt" ausgewiesene Ertrag von Tuğsal Moğul...

Eine Fleißarbeit (was die Recherchen anbelangt); lang ist die auf dem Beipackzettel ausgewies'ne Liste aller Quellen, woraus Dies & Das Verwendung fand.

Jedoch:

Was sich dann - vorgetragen und gespielt von Lilly Gropper, Dennis Laubenthal und Christoph Rinke - anderthalb Stunden lang abspielte, könnte getrost als eine Art von Untergenre der zwar ungeliedelten, doch umso mehr von Hie nach Da versprungenen politischen Revue klassifiziert sein. Der auf Fremdschäm zielenden Moralkeule wird sich dabei ganz ungestüm bedient, was eigentlich - im Zuge einer umfassenden Aufarbeitung jener (durch die Münsteraner theatralisch aufgegriff'nen) NSU-Morde - nicht unbedingt als "falsch" jedoch als etwas unbeholfen-penetrant beanstandet sein muss. Ja, leider.

Unterm Strich bleibt die Erkenntnis, dass - vom reinweg Künstlerischen her - ein übergroßes NSU-Akten-und- Materialschlachtfeld (so überaus verlockend zur Beackerung das sein mag) zwar vorhanden, aber - halt vom reinweg Künstlerischen her, und wie schon angedeutet - unbezwingbar scheint.

Wir wurden Zeugen eines oberflächlichen Betroffenheitstheaters, mehr wohl nicht.
Andre Sokolowski - 24. Juni 2015
ID 8726
AUCH DEUTSCHE UNTER DEN OPFERN (Box + Bar, 24.06.2015)
Regie: Tuğsal Moğul
Bühne und Kostüme: Kerstin Bayer
Musikalische Einstudierung: Andreas Abegg
Choreographie: Erik Constantin
Video: Maximilian Krug
Dramaturgie: Friederike Engel
Mit: Lilly Gropper, Dennis Laubenthal und Christoph Rinke
Uraufführung am Theater Münster: 17. Januar 2015
Gastspiel des Theaters Münster
AUTORENTHEATERTAGE BERLIN 2015

Weitere Infos siehe auch: http://www.deutschestheater.de/


Post an Andre Sokolowski

http://www.andre-sokolowski.de

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