Lulu
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Lulus Ende in Andrea Breths Berliner Inszenierung - Foto (C) Bernd Uhlig
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In Lulu fließt das Blut in Strömen. Nicht erst wenn der größte aller Frauenfreunde, Jack the Ripper, seine Klinge zum Finale wetzt. Auch vorher schon kommts zu hemoglobinischen Gerinnungen; der Maler, Dr. Schön und Alwa... Alle bluten. Alle(s) wegen ihr - dem aufmüpfigen Kind, dem leichtlebigen Mädchen, dem versinnbildlichten Urweib schlechterdings. Solche Geschichten konnten/können sich nur Männer ausdenken; die Vorlagen waren der Erdgeist und Die Büchse der Pandora von Frank Wedekind. Und Alban Berg, der seine Oper (Lulu) auch zugunsten seines weltberühmten Violinkonzerts (Dem Andenken eines Engels), das ihm plötzlich wichtiger als Lulu, die er so und so dann nicht beenden hätte können, weil er selbst an einem infektionösen Bienenstich tödlich verendete, war, tat sich also schwer mit ihr...
Jetzt hat die Deutsche Staatsoper Berlin zu ihren diesjährigen FESTTAGEN im Schiller Theater Andrea Breth (Regie) beauftragt, eine neue Lulu aufzuzeigen. Erich Wonder (Bühnenbild) und Moidele Bickel (Kostüme) "assistierten" ihr.
Herausgekommen war und ist ein absolutes Bild des Grauens! Aber nicht etwa der eigentlich doch so possierlichen aber von dem Regieteam ganz und gar vertanen Schlächterszene wegen, nein, denn blutig (s. o.) ist die Inszenierung überhaupt nicht - auch nicht wenn die Breth den Jack, der lauter Lulu's auf 'ner Schubkarre von rechts nach links befördert und hiernach dann stets mit einem immer "blutigeren" Schnupftuch an die Rampe tritt, mit einem erdbeermarmeladbefleckten Fleischermesser rumfuchteln lässt... Überhaupt sind beinah alle Interaktionen ihrer Inszenierung unschlüssig bzw. unvorhanden. Alle singen oder sprechen eine(n) Andere(n) - als ursprünglicherseits dann vorgesehen - an. Zudem wird einheitlicher Weise grau in grau und noch dazu in einem Einheitsbühnenbild (mit einem Autofriedhof auf der linken Seite sowie einem videoprojizierten unbewohnten Wohnraum auf der rechten Seite) vor sich hin agiert. Totaler Blödsinn alles Das!!
Ja, die Figur-Entwicklung Lulu's ist in der Andrea-Breth-Sicht nirgends nachvollziehbar. Und wir denken mit sehr großer Wehmut, aber auch mit großer Freude, an die Peter-Mussbach-Produktion vor ca. 15 Jahren, wo gerade diese Linie völlig stimmte, gern zurück: Lulu - und es ist eingestanden-schlimm, dass man das hier an dieser Stelle klugscheißend erwähnen muss - hat ja dann schließlich, außer ihrem grauenhaften Gossendasein nach der Flucht aus dem Gefängnis, farblichere und auch schimmerndere Tage vorgelebt; nun gut...
Nach jener fulminanten Dargebrachtseinsweise durch Michael Gielen ist es nun auch Daniel Barenboim gelungen, die in puncto Lulu hocherfahrene und hocherprobte Staatskapelle Berlin zu einem aufhorchenden Wunderklang zu motivieren!! Überflüssiger Weise gab's in dem Zusammenhang einen Kompositionsauftrag für David Robert Coleman, der dann seinerseits den unvollendet gebliebenen Dritten Akt neu orchestrierte und in dem Zusammenhang sowohl auf den Prolog sowie das spannende Paris-Bild ganz und gar verzichtete; Letzteres deshalb, weil die Regisseurin keine Inszenierungslust auf ausgerechnet dieses spannende Paris-Bild hatte oder so... Ja und als ob die kongeniale Friedrich-Cerha-Fassung von 1979 (Komplettierung Dritter Akt) dann heutzutage plötzlich nicht mehr taugen würde.
Mojca Erdmann singt und spielt die Lulu in geradezu artistischer Vollkommenheit - so eine Art von Kind-Olympia; arktisch schrill und schön zugleich. Unüberbietbar!
Und auch Deborah Polaski (Gräfin Geschwitz) muss an dieser Stelle prononciert erwähnt sein; sie ist wohl der einzig wirklich menschlich anrührende Lichtblick dieser merkwürdigen Aufführung gewesen.
Wir warn in der vorerst letzten Lulu dieser Spielzeit - für die kommende Saison ist sie gottlob nicht mehr gelistet.
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Mojca Erdmann und Deborah Polaski als Lulu und Gräfin Geschwitz in Bergs zweiter Oper - Foto (C) Bernd Uhlig
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Andre Sokolowski - 15. April 2012 ID 5846
LULU (Staatsoper im Schiller Theater, 14.04.2012)
Musikalische Leitung: Daniel Barenboim
Inszenierung: Andrea Breth
Bühnenbild: Erich Wonder
Kostüme: Moidele Bickel
Licht: Olaf Freese
Video: Philipp Haupt
Bearbeitung des London-Bildes: David Robert Coleman
Dramaturgie: Jens Schroth
Besetzung:
Lulu ... Mojca Erdmann
Gräfin Geschwitz ... Deborah Polaski
Eine Theatergardrobiere / Ein Gymnasiast ... Anna Lapkovskaja
Der Maler / Ein Neger ... Stephan Rügamer
Dr. Schön / Jack the Ripper ... Michael Volle
Alwa ... Thomas Piffka
Ein Athlet ... Georg Nigl
Schigolch ... Jürgen Linn
Der Prinz / Der Kammerdiener ... Wolfgang Ablinger-Sperrhacke
Der Theaterdirektor ... Johann Werner Prein
Der Medizinalrat / Der Professor ... Wolfgang Hübsch
Doppelgängerin ... Blanka Modrá / Liane Oßwald
Premiere war am 31. März 2012
Weitere Infos siehe auch: http://www.staatsoper-berlin.de
http://www.andre-sokolowski.de
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