5. April 2013, Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz
DAS DUELL
nach Anton Tschechow
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Kathrin Angerer - erklärte heute Abend der vors Publikum getretene Frank Castorf - wäre wegen einer unfallbedingten Gehirnerschütterung verhindert; um die Vorstellung nicht ausfallen lassen zu müssen, wäre er (der Regisseur und Intendant) höchstselbst bereit gewesen, an der Stelle der Verunfallten die Rolle Diakon Popedow's zu übernehmen, was jedoch (lt. ihm) den Widerstand des von ihm vorzugsweise vorbestimmten Damenensembles provoziert gehabt haben würde - - und so führte diese Zwangslage zur salomonischen Entscheidung dieser Art: Die anwesenden Schauspiel-Damen nämlich spielten jene Rolle gleichsam mit...
Um sich ein ungefähres und mithin auf einen Punkt gebrachtes Bild über die Chose, die da - in der altbewährten Ausdauer Castorf'scher Lust - vier Stunden lang nicht mehr und auch nicht minder allenthalben unterhielt, zu machen, gab/gibt es zwei schlichte Möglichkeiten - Wikipedia zu befragen oder Sophie Rois beim Wort zu nehmen: "In einem seiner längsten Werke, dem Kurzroman DAS DUELL (1891), lässt Tschechow in einer der Hauptfiguren einen gewaltverherrlichenden und am Handlungsende letztlich gescheiterten Sozialdarwinisten zu Wort kommen und knüpft damit an sein eigenes Interesse für die Darwinschen Lehren zur Studienzeit an." (Quelle: Wikipedia) / 'Ich lass mir doch von dir nicht einfach meine Frau antatschen' oder so ähnlich. (Iwan Andrejewitsch Lajewski zu dem von ihm am Schluss Erschossenen)
Ein Vor-, Haupt- oder Nachwissen des restlichen Geschehens rund um Tschechows Prosa schien von vornherein und sowieso entbehrlich; Castorf macht mit seinen Vorlagen - das ist sein nettes Markenzeichen (spätestens seit seinem Geraer Clavigo aus der Agonie-Phase der DDR) - was immer er zu welchem Zwecke will. Dass es ihm, nun seit längerem bereits, die großen Russen angetan haben, dessen Romane und Erzählungen er emsig vertheatert, hat sich als ein weit und breit durch uns (sein treues Publikum) geduldetes Regielingshobby nachhaltig bewährt und ungezwungen etabliert. Die geistigen Essenzen dieser immergleichen Jahrmarktsschreiereien sind inzwischen freilich auf ein Nullmaß abgemildert worden - Weltanschauliches und/oder "die Moralanstalt" an sich waren und sind fürwahr beabsichtigte Komponenten solchartiger Mega-Produktionen; mehr als bloße Unterhaltung liefern sie hingegen nicht!
Da kann der Castorf selbstverständlich froh und glücklich sein, dass ihm ein Bruchteil seiner alten Truppe immer wieder aus der Hand frisst - ohne sie (die Truppe [die sich tatsächlich, trotz vieler Abgänge, von Jahr zu Jahr wieder "verjüngt"]) wäre der voll gefressene bzw. hoch geschwängerte Klamauk auf offner Szene schier undenkbar; gute Mimen sind halt immer in der Lage gut zu spielen, ja und sei's die letzte Scheiße...
Aufsehenerregend: Aleksandar Denic's Drehbühne mit Blockhaus, Zwiebelturm oder diversen Videoleinwänden - der Bau hätte doch glatt als Mimes Waldschmiede aus Wagners Siegfried durchgeh'n können! // Gut und wichtig für den Castorf, dass er bald - zusammen mit dem neuen Ausstatter - sich einem Großwerk widmen darf und wird, wo es dann endlich einmal keine Möglichkeit gibt, es in irgendeiner Weise "umzuändern"; Wagners Ring in Bayreuth kann ihm so womöglich eine Grundahnung für Werkerhaltung und -respekt zurückvermitteln lassen - ja, wir sind da ganz naiv, was das betrifft, solches zu denken.
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Anm. der Redaktion
Wir hätten den Lesern von KULTURA-EXTRA gern an dieser Stelle (s. o.) ein Szenenfoto der Frank-Castorf-Inszenierung Das Duell mit Aleksandar Denics aufsehenerregender Drehbühne gezeigt - ein solches hätte allerdings von uns (als Presse) bezahlt werden müssen, was wir so nicht akzeptieren konnten:
Es ist prinzipiell nicht einzusehen, dass für mittels Rezensionen journalistisch aufbereitete De-facto-Werbung für Veranstaltungen staatlich subventionierter Kultureinrichtungen zusätzlich Geld vom Rezensierenden an die berezensierte Einrichtung entrichtet werden soll; und wir bezeichnen die geschäftlichen Gepflogenheiten des von uns hiermit "beanstandeten" Hauses schlicht als presseunfreundlich.
Alternativ schlagen wir den für Pressefragen zuständigen Stellen vor, sich um die Honorierung der bei ihnen angestellten resp. für sie arbeitenden Pressefotografen ordentlich zu sorgen und die aufkommenden Kosten nicht auf uns (als Presse) umschlagen zu wollen; wir begreifen uns (als Presse) keinesfalls als deren kommerzielle Kunden.
a. so. - 05.04.2013
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Andre Sokolowski - 5. April 2013 ID 6663
DAS DUELL (Volksbühne Berlin, 05.04.2013)
Regie: Frank Castorf
Bühne: Aleksandar Denic
Kostüme: Adriana Braga
Mitarbeit Kostüme: Teresa Tober
Licht: Lothar Baumgarte
Kamera: Mathias Klütz und Harald Mellwig
Video-Liveschnitt: Jens Crull und Konstantin Hapke
Sound-Design: Christopher von Nathusius
Dramaturgie: Sebastian Kaiser
Besetzung:
Iwan Andrejewitsch Lajewski ... Sophie Rois
Nadeshda Fjodorowna ... Lilith Stangenberg
Diakon Pobedow ... Kathrin Angerer (abwesend)
Nikolai Wassiljewitsch von Koren / Marja Konstantinowna Bitjugowa ... Silvia Rieger
Katja Bitjugowa, ihre Tochter ... Leonie Jenning
Ilja Michailowitsch Kirilin ... Kathrin Wehlisch
Der Tatare Kerbalai / die Köchin Olga ... Bärbel Bolle
Atschmianow ... Martha Fessehatzion
Alexander Dawidowitsch Samoilenko ... Hermann Beyer
Premiere war am 27. März 2013
Weitere Termine: 13., 20. 4. / 4., 11., 24. 5. 2013
Weitere Infos siehe auch: http://www.volksbuehne-berlin.de
http://www.andre-sokolowski.de
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