Hippolyt verschmäht die große Liebe (Phaedra), übersteht den Rachetod als Waldgott - nützt ihm aber auch nix, weil: Er weiß von da ab nicht mehr, wer er war und ist und wird ...
  
 
 |   
 So gings halt früher zu: Zur Strafe, weil Herr A Frau B nicht liebte wie sie ihn dann umgekehrt (Frau B Herrn A) geliebt hatte, wurde von gottgöttlicher Seite aus so eine Art von Strafgericht veranstaltet, ein donnerlichtes einprägsames Mordsexempel. Freilich "angerufner" Maßen. Denn die Götter mischten sich sehr unlustig in Menschen- oder Halbmenschangelegenheiten. Und so kam’s wie folglich, Gott Poseidon lässt den Minotauros wiedeauferstehen, und als den die Pferde des Herrn A erwittern, scheuen sie im allerhöchstmöglichen Schreckensgrad, auf dass der Reiter stürzt und schleift und sich’s Genicke bricht. Ab in den Orkus!
 
 
 
 |   
	
 
 Zwei zum Verwechseln  aussehende Damen drangsalierten den in Liebesdingen völlig unwilligen Hippolyt in Henzes Phaedra, hier im Bild Maria Riccarda Wesseling (als Phaedra) und Marlis Petersen (als Aphrodite) - Foto (C) Ruth Walz
 |   
 
 Christian Lehnert dichtet für Hans Werner Henze eine neuartige und sehr wortblumige Adaption des alten Phaedra-Stoffes. Und besonders daran ist, dass Hippolyt (der Liebe-Nichtertrager) außer von der Phaedra, seiner ihm verfallnen Stiefmutter, hinzu dann noch von Aphrodite, die man ja im Allgemeinen als die Liebesgöttin schlechterdings im Hinterstübchen hat, "geliebt", um nicht zu sagen penetriert wird. Kann nicht gut gehen - nein nein, in diesem ein-, will sagen zweiseitigen Aufprallakt gewiss dann nicht!! / Nachdem der Arme, viele Jahre später, aus dem Totenreich nach Nemi, einer allerliebsten Haingegend Italiens, rückberufen worden war, und dies erfolgte sehr modern und fast wie eine Frankensteinische Zusammenstückelung, ist freilich alles plötzlich furchtbar anders. Denn der liebesuntollige Held kann sich an nichts und keinen mehr erinnern; und da sollte auch nicht täuschen, dass er die als Vögelchen zurückmetamorphierte Phaedra, einer bösen Laune nur gehorchend, diesmal "richtig" vögelt ... so war’s jedenfalls bei Peter Mussbachs öden Inszenierung dann zu sehen.
 
 
 
 |   
	
 
 So stellte sich der Raumkünstler Olafur Eliasson die Zusammenstückelung des Hippolyt in Henzes PHAEDRA vor, durch spielerische Spiegeleien hübsch ins Bild gesetzt - Foto (C) Ruth Walz
 |   
 
 Also: Henzes Phaedra wurde an der Deutschen Staatsoper Berlin uraufgeführt - - nach der Leonce und Lena von Paul Dessau (28 Jahre her) vielleicht die wohl bedeutendste der Uraufführungen an diesem Haus seither. Ein Staatsereignis, auch. Ja! Henze huldigt mittels generösem Winken sowie einer Hand-aufs-Herz-Pose dem für ihn sichtlich unbegreiflich vorkommenden Seh- und Hörvolk "unter ihm" (unter der kleinen Königsloge), das ihm so vorm eigentlichen Spielbeginn standing-ovations-aufgelegt das schönste Vorschusslorbeerkränzchen darreicht; man war längst durch eine indiskrete Presse über Henzes schwere Krankheit, den Verlust des langjährigen Freundes und die Folgekrise informiert gewesen, allgemeinste Menschenrührung machte sich daher jetzt breit.
 |   
 Es ist ein zeitloses und diesseitiges Stück. Zweiteilig. Und dem zweiten Teil merkt man dann schon das anderweitig Bruchartige im Vergleich zum ersten an; und zwischen beiden sollte dem Vernehmen nach über 1 Jahr gelegen haben. 
 
 
 |   
Als "Konzertoper" ist Henzes Opus von ihm selber angezeigt. Das will und kann nichts anderes besagen, als dass seinem Schöpfer weniger denn eine Vollversion des Optisch-Szenischen als vielmehr eine des "rein" Musikalisch-Interpretatorischen vorschwebte - Simon Rattle oder Ingo Metzmacher, zum Beispiel, könnten Phaedra baldigst im Scharoun-Bau ausprobieren... auch dass man sich dann von all den fürchterlichen Überflüssigkeiten quer durch die "Gewerke" (Raum: Eliasson / Kleidung: Skodzig / Lichtgestaltung: Freese), die dem schüchtern-leisen Alterswerk an diesem Abend sehr zuungut kamen, nachträglich hinwegerinnern kann.
 
 Exorbitantes Singen, Musizieren!! (Alle Namen s. u.)
 
 Henzes Phaedra bleibt.
 |   
  
Andre Sokolowski - 8. September 2007 ID 3426
 
http://www.andre-sokolowski.de 
  
PHAEDRA (Deutsche Staatsoper Berlin, 06.09.2007)
 Musikalische Leitung: Michael Boder 
 Inszenierung: Peter Mussbach 
 Raum: Olafur Eliasson 
 Kostüme: Bernd Skodzig 
 Licht: Olaf Freese 
 Besetzung: 
 Maria Riccarda Wesseling (Phaedra)
 Marlis Petersen (Aphrodite)
 John Mark Ainsley (Hippolyt)
 Axel Köhler (Artemis)
 Lauri Vasar (Minotauros)
 Ensemble Modern
 Uraufführung war am 6. September 2007
 Weitere Termine: 08. | 09. | 10. 9. 2007
 Kompositionsauftrag und Koproduktion der Staatsoper Unter den Linden, des Théâtre Royal de la Monnaie Bruxelles, der Wiener Festwochen, der Alten Oper Frankfurt und der Berliner Festspiele 
 
 Weitere Infos siehe auch: http://www.staatsoper-berlin.de
	  
     
	 
	   
             
			   |   
                        
               
  
                   | 
            | 
          Anzeigen: 
 
 
  
 Kulturtermine 
 TERMINE EINTRAGEN
  Rothschilds Kolumnen
  BALLETT |  PERFORMANCE |  TANZTHEATER
  CASTORFOPERN
  DEBATTEN  & PERSONEN
  FREIE SZENE
  INTERVIEWS
  PREMIEREN- KRITIKEN
 ROSINENPICKEN
 Glossen von Andre Sokolowski
  RUHRTRIENNALE
  URAUFFÜHRUNGEN
 
  
 
 
 
 = nicht zu toppen
 
  
 = schon gut
 
  
 = geht so
 
  
 = na ja
 
  
 = katastrophal
 
  
 |