AUTORENTHEATERTAGE BERLIN 2013
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4. Juni 2013, AUTORENTHEATERTAGE BERLIN
TESTOSTERON
von Rebekka Kricheldorf
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"Der Kasseler Literaturpreis für grotesken Humor wird von der Stiftung Brückner-Kühner seit 1985 jährlich vergeben", lesen wir bei Wikipedia. Und: "Seit 2004 vergibt die Stiftung zudem regelmäßig einen Förderpreis Komische Literatur für Autoren unter 35. Er ist mit 3.000 Euro dotiert." Das finden wir sehr nützlich, und das loben wir.
Zu sehr und auch zu viel wird beispielsweise an den deutschen Bühnen "nicht gelacht", d. h. zu lachen gibt es schon (auf deutschen Bühnen), doch zumeist liegt das dann mehr am Spiel der Komödianten - jeder gute Schauspieler ist schließlich auch ein guter Komödiant - , jedoch nicht an dem jeweiligen Stück, das sie gerade spielen. Sigrid Löffler brachte das Problem schon vorgestern bei ihrer lustigen Laudatio im DT-Saal sozusagen auf den Punkt; denn bei den über 80 eingereichten Texten hätte sie, die dieses Jahr als einsame Alleinjurorin der AUTORENTHEATERTAGE BERLIN fungierte, nicht besonders viel zu lachen gehabt. Nun ja, nun gut.
* * *
Rebekka Kricheldorf wurde bereits 2010 mit jenem schönen Preis, der Schriftsteller zum "lustig schreiben" animieren soll, geehrt. Ihr preisgekrönter Text (eine schwarze Parabel untertitelt) hat die Oberüberschrift Testosteron - ja und wir Publikumsvertreter, die wir gestern Abend eine hübsche und auch kurzweilige Produktion des Staatstheaters Kassel in den Kammerspielen sahen, schlossen blitzartig, wie wir das lasen, auf so Rambo-mäßig hormonelles Zeug; also es sollte in dem Stück dann schon um maskulinische Gepflogenheiten gehen, oder?
Einer von zwei Söhnen eines gutbetuchten Ruheständlers, der mit diesem (welcher Arzt ist) sowie dessen Angetrauter (welche Psychotherapeutin ist) im sog. Guten Viertel wohnt, ist halt genau das Gegenteil vom Anderen jener zwei Söhne - dieser wiederum (der Andere) verdient sich seinen Lebensunterhalt als Auftragskiller und verübt sein Handwerk in dem sog. Schlechten Viertel. Oberschichtler vs. Unterschichtler. Ein Gesellschafts"drama" also... Dann gibts auch noch eine bosnische Prostituierte sowie deren Luden-Vater (welcher Gangster-Boss im Schlechten Viertel ist).
Klingt Alles ziemlich konstruiert und krude und verläuft/verliert sich zunehmend in einer bloßen Ausfüllung von Sprechblasen, die keiner weiter hören will.
Aber - wie schon gesagt bzw. angedeutet - die gewieften Komödianten dieser Kassler Inszenierung retten, was zu retten ist:
So setzt zum Beispiel Jürgen Wink (als Vater) paarmal seine Seltersflasche an, um justament aus ihr zu trinken; aber jedesmal fließt ihm die Brühe, weil er halt dann reden und gleichzeitig trinken will, den Latz herunter - das betrachten wir dann schon als einen Garde-Brüller sondergleichen!
Und auch Anke Stedingk, die zum krachenden Finale hin sich yogahaftig hin und her verrenkt und gleichsam aus der so gewonnenen physischen Position zum Sexualisieren ihres Selbst tendiert, reizt unsre Lachmuskeln aufs Äußerste.
Hat einfach Spaß gemacht, den Mimen zuzuschauen.
Sinnlos anstrengende Stückvorlage.
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Testosteron von Rebekka Kriecheldorf - Fotoquelle: Staatstheater Kassel (C) N. Klinger
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Bewertung:
Andre Sokolowski - 5. Juni 2013 ID 6813
TESTOSTERON (Kammerspiele, 04.06.2013)
Regie: Schirin Khodadadian
Ausstattung: Ulrike Obermüller
Musik: Katrin Vellrath
Video: Stefano Di Buduo
Dramaturgie: Christa Hohmann
Besetzung:
Jürgen Wink (Dr. Fabian Klemmer als DER PATRIARCH), Björn Bonn (Dr. Ingo Klemmer als DER GUTE SOHN), Aljoscha Langel (Raul Klemmer als DER SCHLECHTE SOHN), Anke Stedingk (Dr. Solveig Rieger als DIE SEELSORGERIN), Enrique Keil (Slatko Bogdanovic als DER ZUHÄLTER) und Alina Rank (Silvana Bogdanovic als DAS GEFALLENE MÄDCHEN)
Uraufführung am Staatstheater Kassel war am 23. November 2012
Weiterer Termin in Berlin: 8. 6. 2013
Gastspiel des Staatstheaters Kassel zu den AUTORENTHEATERTAGEN BERLIN
Weitere Infos siehe auch: http://www.staatstheater-kassel.de
http://www.andre-sokolowski.de
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