Theater Basel
EIN SOMMERNACHTSTRAUM
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Bewertung:
Valeria Heintges, eine der vier Frauen und drei Männer der akuten Fachjury des legendären Berliner THEATERTREFFENs, welche die Zusammenstellung der nach ihrer Meinung jeweils "10 bemerkenswertesten Inszenierungen" deutschsprachiger Bühnen für den Jahrgang '23 zu einem Siebtel mitbestimmte, begründete ihre Entscheidung für ihren persönlichen Top-Favoriten - Ein Sommernachtstraum mit dem Theater Basel - so:
"Wenn Ein Sommernachtstraum der Liebling aller Laientruppen ist – dann spielt ihn eben eine Laientruppe. Antú Romero Nunes verwandelt das Basler Ensemble in ein Kollegium von Lehrer*innen voller Schrullen und Eigenarten und lässt es zum Spielen los. Und wie sie spielen, mit welcher Lust, welchem Können! Aus dem verklemmten Geschichtslehrer wird Helena, aus dem Direktor und seiner Frau werden Oberon und Titania. Und aus der verschüchterten Ethiklehrerin wird erst der tattrige Egeus und dann ein Puck, der nicht nur Freude an der Verwirrung hat, sondern auch noch kleptomanisch veranlagt ist. Immer tiefer steigen die Lehrer*innen ein in das Spiel und werden immer mehr zu Profis, immer tiefer gehen sie in den Wald, in die Fantasie, in den Traum, ins Unterbewusste. Immer noch ein Vorhang hüllt sie ein, die sieben Schauspieler*innen und den Musiker – das Erwachen wird furchtbar werden. Dieser Sommernachtstraum ist ein Theater, das sich selbst feiert, sich hinterfragt, sich über sich lustig macht. Großer Spaß!" (Quelle: berlinerfestspiele.de)
Mag sein, dass er der ausgewiesenen "Kultur-Journalistin und Kommunikations-Expertin in Zürich" (lt. ihrer Selbstdarstellung auf valeriaheintges.com) besonders gut gefallen hatte und sie halt, weil er halt wohl "der Liebling aller Laientruppen" wäre, es für richtig und geboten hielt, dass das Theater Basel ihn jetzt dementsprechend also (extra) "laienhaftig" vorführte und vorführt und sie ihn daher partout zu jenen "10 bemerkenswertesten Inszenierungen" bestimmte resp. mitbestimmte; und das war und ist ihr gutes Recht, natürlich, und dafür werden Frau Heintges und die anderen sechs Fachjuroren vom tt nicht schlecht bezahlt, also dass sie dann einer ganz bestimmten und von ihnen offiziell begründeten Fachmeinung sind. So oder ähnlich funktioniert nun mal und allerorten der von Auswahl oder Nichtauswahl durch temporär installierte Macht-Menschen gezielte und gesteuerte Kultur-Betrieb; das mag man einerseits befürworten und andrerseits infrage stellen, wenigstens dient es als eine Art von Korrelat, damit nicht jeder Depp dann seine Pseudokunst und -kunstprodukte unters Volk zu werfen wagen würde.
Und was mich - in Anbetracht dieses von mir besuchten Basler Sommernachtstraums - so betrifft, will ich nur kurz und schmerzlos sagen, dass ich diese mit 160 pausenlosen Spielminuten qualvoll überlange Aufführung als eine sowohl geistige wie emotionale Zumutung empfand. Die Idee des Regisseur mag durchaus annehmbar gewesen sein, doch seine Umsetzung warf dann für mich die Frage auf, warum er sich nicht mehr und konzentrierter mit den Individualistinnen und Individualisten der shakespearespielenden Laientruppe befassen wollte; dass es Fabio (Michael Klammer), Vroni (Aenne Schwarz), Patrizia (Gala Othero Winter), Patrick (Sven Schelker), Cordula (Anne Haug), Dominik (Fabian Krüger) und Natascha (Nairi Hadodo) waren, die da laienhaftig - zwischendurch dann allerdings oft hochprofessionell und hochdeutsch mit den Sommernachtstraum-Neutexten einer Angela Schanelek "in Zusammenarbeit mit Jürgen Gosch und Wolfgang Wiens" herumjonglierend - spielten, wurde in der Nunes-Inszenierung zwar behauptet aber nicht intensiviert. Ich jedenfalls hätte sehr gern von diesen schrägen Typen mehr erfahren wollen, als es Nunes lediglich aufs karikierend Oberflächliche vollführt hatte.
Geschauspielert wurde selbstredend exzellent.
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Ein Sommernachtstraum am Theater Basel | Foto (C) Ingo Höhn
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Andre Sokolowski - 23. Mai 2023 ID 14213
EIN SOMMERNACHTSTRAUM (HAU1, 22.05.2023)
von William Shakespeare (deutsch von Angela Schanelec in Zusammenarbeit mit Jürgen Gosch und Wolfgang Wiens)
in einer Fassung von Antú Romero Nunes und Ensemble
Regie: Antú Romero Nunes
Bühne und Kostüme: Matthias Koch
Musik: Anna Bauer
Lichtdesign: Vassilios Chassapakis
Ton: Jan Fitschen und Christof Stürchler
Dramaturgie: Timon Jansen und Inga Schonlau
Mit: Michael Klammer (als Theseus, Oberon und Fabio), Aenne Schwarz (als Hippolyta, Titania und Vroni), Gala Othero Winter (als Egeus, Puck und Patrizia), Sven Schelker (als Demetrius, Elfe, Esel und Patrick), Anne Haug (als Lysander, Elfe und Cordula), Fabian Krüger (als Helena, Elfe und Dominik), Nairi Hadodo (als Hermia, Elfe und Natascha) und dem Live-Musiker Luzius Schuler (als Cornelius)
Premiere am Theater Basel: 17. Dezember 2022
Gastspiel des Theaters Basel zum Berliner THEATERTREFFEN 2023
Weitere Infos siehe auch: https://www.theater-basel.ch
https://www.andre-sokolowski.de
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