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AUTOR:INNENTHEATERTAGE 2024

zwei herren von real madrid von Leo Meier

Schauspiel Leipzig


Bewertung:    



Ganz passend zum Beginn der Fußballeuropameisterschaft in Deutschland zeigten die Berliner AUTOR:INNENTHEATERTAGE das Stück zwei herren von real madrid von Leo Meier. Der Autor wollte selbst mal Profifußballer werden, entschied sich dann aber lieber für das Studium der Theaterwissenschaft und Philosophie. Sein Stück wurde 2022 beim Heidelberger Stückemarkt mit dem Publikumspreis und dem SWR2-Hörspielpreis ausgezeichnet. Eine Hörspielversion gibt es also auch schon. Das Schauspiel Leipzig verlor ganz knapp die Uraufführung an des Theater Oberhausen. Dafür konnte die Inszenierung von Albrecht Schroeder beim Heidelberger Stückemarkt 2023 mit dem Nachspielpreis punkten. So kam es also jetzt zum Nachspiel am Deutschen Theater in Berlin.

Die Bühne von Pascal zeigt frontal eine Rasenabrisskante. Oben auf dem Kunstrasen steht einsam eine Spielerbank. Zwei Meter tiefer treffen sich zu Beginn ein Stürmer (Denis Grafe) und ein Mittelfeldspieler (Matthis Heinrich), die zunächst nicht die Profession des anderen kennen und erst etwas später feststellen, dass sie beide beim gleichen Verein spielen und zusammen schon drei Champions-League-Titel geholt haben. Das zufällige Treffen im Wald und ein Gespräch über die Stille und das lautlose Gehen bringt die beiden einander näher. Diese titelgebenden Herren des Rasenprofigeschäfts, die sich in höflichster Form siezen und zuvorkommend behandeln, entsprechen so gar nicht den üblichen Männlichkeits-Klischees, die Fußballspielern sonst so anhaften.

Der Stürmer lädt den Mittelfeldspieler zum Weihnachtsfest bei seiner Familie ein. Der verspricht zu kommen und ein Bananenbrot mitzubringen. Die feine Absurdität dieses Gesprächs setzt sich beim Weihnachtsbesuch, zu dem der Mittelfeldspieler mit einem Drachen geflogen kommt fort. Hier brilliert Annett Sawallisch als überdrehte fußballbegeisterte Mutter, die ihren Mann Sven (Markus Lerch) nach Belieben dominiert. Es wird geplaudert, Tabu gespielt und ein personifiziertes Bananenbrot in Drag lässt (Luca-Noél Bock) die Sektkorken knallen. Nur blöd, dass die Mutter eine Bananenbrotallergie hat und nach der Abreise des Mittelfeldspielers daran verstirbt.

Die beiden Herren treffen sich nun bei der Beerdigung wieder. Eine illustre Veranstaltung mit einer unkonventionellen Paterin (wiederbelebt Annett Sawallisch), Sonja Isemer als Cousine von Kurt Cobain und Wenzel Banneyer als spanisches Abwehrbollwerk Sergio Ramos, der tatsächlich auch Spieler bei Real Madrid war. Banneyer mimt mit tätowierten Armen und Waden zunächst noch ganz wortlos den Inbegriff des testosterongesteuerten Starspielers. Nebenbei kommen sich die beiden Herren von Real Madrid endlich auch körperlich näher. Es werden höfliche Komplimente über die Augen des anderen ausgetauscht, bis sich der Stürmer endlich getraut zu fragen, ob er den Mittelfeldspieler küssen darf. Ein Kuss nicht ohne Folgen. Ein Foto der beiden geht im Netz viral.

Da das aber eine Komödie ist und kein problembeladenes Drama, bekommen die beiden sogar den Segen des bärbeißigen Sergio Ramos, der nach der Sommerpause bei einer absurden Pressekonferenz zu einem philosophischen Monolog über die Vergänglich in Anbetracht der sonnenbeschienenen historischen Steine der Athener Akropolis anhebt. Autor Meier lässt keinen noch so kleinen Gag aus und Regisseur Schroeder versucht die Balance zwischen Klamauk und feinsinnigem Humor zu halten. Dass die aufkeimende Liebe der beiden dann nicht an der in der Realität immer noch herrschenden Konvention des Schweigens scheitert, sondern ganz banal an der Tatsache, dass der Stürmer nach Paris verkauft wird, ist eine zusätzliche Pointe in einem Spiel, das immer auch Geschäft bleibt.



zwei herren von real madrid am Schauspiel Leipzig | Foto (C) Isabel Mechando Rios

Stefan Bock - 15. Juni 2024
ID 14799
zwei herren von real madrid (DT-Kammerspiele, 13.06.24)
von Leo Meier

Regie: Albrecht Schroeder
Bühne und Kostüme: Pascal Seibicke
Musik: Chris Schalko
Licht: Thomas Kalz
Dramaturgie: Matthias Döpke
Mit: Denis Grafe (als Stürmer), Matthis Heinrich (als Mittelfeldspieler), Annett Sawallisch (als Mutter / Paterin), Markus Lerch (als Sven), Sonja Isemer (als Cousine / Pressesprecherin), Wenzel Banneyer (als Sergio Ramos) und Luca-Noél Bock (als Bananenbrot)
UA am Theater Oberhausen: 12. Januar 2023
Premiere am Schauspiel Leipzig: 27.01.2023
Gastspiel zu den AUTOR:INNENTHEATERTAGEN 2024


Weitere Infos siehe auch: https://www.schauspiel-leipzig.de


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