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Uraufführung

Die mit dem

Wolf heult

BLOOD MOON BLUES uraufgeführt


(C) Esra Rotthoff

Bewertung:    



Frau, Anfang fünfzig, Schriftstellerin, bipolar, bisexuell und dann auch noch krebskrank. Das böte Stoff für eine ganze Netflix-Serie. Am Gorki-Theater wird dieser Plot von Regisseurin Yael Ronen und ihrer Lieblings-Schauspielerin Orit Nahmias in der Rolle der Schriftstellerin Elinor in einem 90-minütigen Stück namens Blood Moon Blues abgehandelt. Ronen & Nahmias haben auch gemeinsam den Stücktext verfasst. Blutmond nennt man eine totale Mondfinsternis, bei der der Kernschatten der Erde auf den Mond fällt und ihn kupferrot färbt. Im Stück ist er Namensgeber für eine etwas esoterisch anmutende Blood-Moon-Ceremony, bei der Frauen beim ersten Blutmond des Jahres zerbrochenes Geschirr mit dem Samen einer roten Rose vergraben. Eine solche Zeremonie will Elinor, die sich auf Selbsterfahrungstrip in einem Ashram in der israelischen Wüste befindet, mit ihrer lang vernachlässigten Tochter Luna, ihrer Ex-Geliebten und Therapeutin Gabriella sowie ihrem neuen jugendlichen Lover Greg abhalten. Dazu lässt sie Luna, die kurz vor ihrem Medizin-Staatsexamen steht, und Gabriella durch ihren „Soulmate“ Greg benachrichtigen und zu ihr in die Wüste kommen.

„Es geht um Leben und Tod“, heißt es da. Weil Elinor aber nicht nur wegen ihrer Bipolarität ein schwieriger Charakter ist und es auch sonst mit der Wahrheit nicht immer so genau nimmt, beeindruckt das ihre Tochter erstmal gar nicht. Sie hat die Mutter früher öfter in ihren manischen Phasen erleben müssen. Widerwillig macht sich Luna (Aysima Ergün), die Elinor zwei Jahre nicht gesehen hat, mit der nicht minder exzentrischen und eifersüchtigen Gabriella (Vidina Popov) und dem dauerlabernden und -grinsenden Sonnyboy Greg (Doğa Gürer im viel zu kurzen Kimono) auf die Reise in die Wüste. Die hat Wolfgang Menardi als felsige Pappkulisse auf die Bühne gebaut. Im Hintergrund und über das Portal flimmern farbenprächtige Videoanimationen (Stefano di Buduo) von Springböcken, Eulen und Wölfen, mit denen Mutter und Tochter schon früher gern geheult haben.

Das ist im ersten Teil des Abends noch recht well made, mit spitzen Pointen, die sich zur dramatischen Fallhöhe auf Felsmassiv über gefährlichen „Sinkhöhlen“ auftürmen sollen. Yaniv Fridel und Ofer Shabi liefern den passenden Ethno-Jazz zum Famely-Showdown in der Negev-Wüste. Bei einer gemeinsamen Aussprache offeriert dann Elinor den anderen ihre Krebserkrankung als Befreiung, was zur weiteren Zuspitzung der verkorksten Situation beiträgt. Orit Nahmias brilliert als manipulativer Gefühls-Guru mit weißem Langhaar und bunt gemustertem Umhang (Kostüme: Amit Epstein). Als Beziehungs-Komödie ist das Ganze etwas zu hoch gegriffen, als psychologisches Drama aber auch nicht tiefschürfend genug. Man weiß nicht wirklich, ob man eher weinen, oder doch besser lachen sollte. Nach halbwegs unterhaltsamen 90 Minuten ist die Luft am Ende so ziemlich raus. Macht nichts, auch die erfolgsverwöhnte Yael Ronen kann nicht immer einen theatralen Volltreffer landen.

Stefan Bock - 22. November 2022
ID 13925
BLOOD MOON BLUES (Maxim Gorki Theater, 20.11.2022)
Regie: Yael Ronen
Bühne: Wolfgang Menardi
Kostüme: Amit Epstein
Musik: Yaniv Fridel und Ofer Shabi
Video: Stefano di Buduo
Dramaturgie: Yunus Ersoy und Irina Szodruch
Licht: Arndt Sellentin
Mit: Aysima Ergün, Doğa Gürer, Orit Nahmias, Vidina Popov und Taner Şahintürk
UA war am 20. November 2022.
Weitere Termine: 27.11. / 27.12.2022


Weitere Infos siehe auch: https://www.gorki.de


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