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LEOPOLDSTADT
von Tom Stoppard


Leopoldstadt von Tom Stoppard am Theater in der Josefstadt | Foto (C) Moritz Schell

Bewertung:    



Leopoldstadt ist der Name des 2. Wiener Gemeindebezirks, in dem sich zahlreiche Juden, darunter viele, die vor den Pogromen in Osteuropa geflohen waren, angesiedelt hatten und nach ihrer Vertreibung und Ermordung durch die Nationalsozialisten in den vergangenen Jahrzehnten wieder angesiedelt haben. Leopoldstadt heißt das jüngste Theaterstück von Tom Stoppard, das, in der Übersetzung von Daniel Kehlmann, seit bald zwei Jahren mit Erfolg im Theater an der Josefstadt läuft.

Tom Stoppard ist 1937 im mährischen Zlín geboren, das von 1949 bis 1990 Gottwaldov hieß und seither wieder Zlín heißt. Die Stadt ist durch die Schuhfabrik Baťa bekannt, deren Inhaber wie einige Unternehmer in anderen Teilen Europas und auch in den USA soziale Maßnahmen ergriffen, wohl um revolutionären Unruhen zuvorzukommen.




Tom Stoppard | Foto (C) Matt Humphrey


1939 verließ Tom Stoppard (eigentlich Tomáš Straussler) mit seinen jüdischen Eltern die Tschechoslowakei und kam auf Umwegen nach England, wo er zu einem der bedeutendsten und produktivsten Dramatiker wurde. Mit Leopoldstadt wendet sich Stoppard der zuvor vernachlässigten jüdischen Problematik zu, am Beispiel zweier Wiener Familien in den Jahren vor dem und während des Austrofaschismus, für das er offenkundig gründlich recherchiert hat. Es geht um „jüdische Identität“, um Assimilation und Konvertitentum. Es endet, voraussehbar tragisch, mit dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich, mit den damit verbundenen Deportationen und mit einem knappen Nachspiel in der Gegenwart.

Stilistisch wirkt das Stück, gemessen an der deutschen Gegenwartsdramatik, altmodisch. Zu Beginn fühlt man sich nicht nur an die Debatten aus Arthur Schnitzlers Roman Der Weg ins Freie erinnert, sondern vor allem in dessen Dramen versetzt, in die Welt des Konversationsstücks, mit einer freilich zunehmend dringlichen Thematik. Dafür hat es sich mit dem Theater der Josefstadt den optimalen Ort gefunden. Man beherrscht hier, trotz einer Öffnung im Spielplan und in den Regiehandschriften der vergangenen Jahre zu einem moderneren Theater, diese Art des Spiels und der Dialoge wie an kaum einer anderen Bühne des deutschsprachigen Raums, und wer sich darauf einlässt, kommt voll auf seine Kosten.




Leopoldstadt von Tom Stoppard am Theater in der Josefstadt | Foto (C) Moritz Schell

Thomas Rothschild – 19. Februar 2024
ID 14612
LEOPOLDSTADT (Theater in der Josefstadt, 18.02.2024)
von Tom Stoppard

Regie: Janusz Kica
Bühnenbild und Kostüme: Karin Fritz
Musik: Matthias Jakisic
Dramaturgie: Matthias Asboth
Licht: Manfred Grohs
Besetzung:
Emilia Merz, Großmutter ... Marianne Nentwich
Hermann Merz, ihr Sohn ... Herbert Föttinger
Eva Jakobovicz, geb. Merz ... Martina Stilp
Margarete Merz (Gretl), verheiratet mit Hermann ... Maria Köstlinger
Ludwig Jakobovicz, verheiratet mit Eva ... Ulrich Reinthaller
Wilma Kloster, Schwester von Ludwig ... Susa Meyer
Ernst Kloster, Wilmas Mann ... Marcus Bluhm
Hanna Zenner, Schwester von Ludwig und Wilma ... Alexandra Krismer
Jakob Merz, Sohn von Gretl und Hermann ... Oliver Rosskopf
Stella Fischbein, Tochter von Ernst und Wilma ... Silvia Meisterle
Rosa, Tochter von Ernst und Wilma, Stellas Zwillingsschwester ... Sona MacDonald
Poldi, Köchin und Haushälterin ... Susanna Wiegand
Hilde, Zimmermädchen ... Fiona Ristl
Jana, Kindermädchen ... Paula Nocker
Fritz, ein junger Offizier ... Roman Schmelzer
Hermine, Tochter von Hanna und Kurt ... Martina Ebm
Kurt Zenner, verheiratet mit Hanna ... Paul Matić
Zacharias Fischbein, verheiratet mit Stella ... Patrick Seletzky
Dr. Otto Floge, ein Bankier ... Jakob Elsenwenger
Leo Rosenbaum, Sohn von Nellie und Aaron ... Tobias Reinthaller
Nathan Fischbein, Sohn von Stella und Zacharias ... Raphael von Bargen
Der Zivilist ... Joseph Lorenz
u.a.
UA am Wyndham's Theatre, London/West End: 10. Februar 2020
Wiener Premiere der deutschen Erstaufführung war am 28. April 2022.
Weitere Termine: 19.02./ 15.03.2024


Weitere Infos siehe auch: https://www.josefstadt.org


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