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AUTOR:INNENTHEATERTAGE 2025

Frau Yamamoto ist noch da

von Dea Loher


Bewertung:    



Viele Worte, die auch gesprochen werden, hat die wohl bekannteste deutsche Theaterautorin Dea Loher in ihrem neuen Theatertext geschrieben. Nach fast 10 Jahren legt sie mit Frau Yamamoto ist noch da wieder ein Stück vor, das bereits an einigen deutschsprachigen Bühnen und auch in Japan aufgeführt wurde. Zum Gastspiel bei den AUTOR:INNENTHEATERTAGEN wurde die Uraufführung von Jette Steckel am Schauspiel Zürich eigeladen. Gleichzeitig gab es auch am Tokyo Engeki Ensemble TEE eine Uraufführung in japanischer Sprache. Zu den Mülheimer Theatertagen eingeladen wurde aber die deutsche Erstaufführung in der Regie von Burkhard C. Kosminski am Schauspiel Stuttgart. Diese Ausnahme von der Regel gibt es immer mal wieder und sagt sicher nichts über die Stärke oder Schwäche der jeweiligen Inszenierung. Der Stuttgarter Abend ist allerdings ohne Pause etwa eine halbe Stunde kürzer und scheint von der Bühnentechnik gesehen etwas weniger aufwendig zu sein.

Besonders voll auf der Bühne ist es zu Beginn aber auch nicht gerade in der Inszenierung von Jette Steckel, die damit im September letzten Jahres die kurze Interimsspielzeit von Ulrich Khuon am Schauspiel Zürich eröffnete. Im Gegenteil, eher wie leergefegt wirkt der Bühnenraum von Florian Lösche, der sich für die vielen folgenden kurzen Szenen des Stücks noch mehrere mehrfarbige durchsichtige Folienwände ausgedacht hat. Sie werden passend vor und nach den jeweiligen Szenen runter und wieder hochgefahren. Dazu gibt es extra für die Inszenierung geschriebene Songs der bayrischen Indirock-Band The Notwist, mit der Jette Steckel nicht zum ersten Mal arbeitet.

Zwischen Prolog und Epilog, die das Grundthema des Abends wiederholen, fächert Dea Loher einen Szenenreigen von verschiedenen, nicht näher benannten Personen auf, die um die Hauptfigur Frau Yamamoto (Nikola Weisse) und das im selben Treppenaufgang wohnende schwule Paar Nino (Mirco Kreibich) und Erik (Sebastian Rudolph), sowie dessen Neffen Milan (alternierend: Fritz Rudolph/ Konstantin Schwarz) kreisen. Die Autorin lässt hier der Regie die Wahl, inwieweit sie diese Personen inhaltlich weiter miteinander verquickt. So entstehen szenische Miniaturen, die mal mehr oder weniger miteinander zu tun haben. Das lässt Raum für ganz unterschiedliche Interpretationen. Allen Szenen gemein ist, dass sich die Gespräche in Restaurants, Wohnungen, Hotelzimmern, beim Angeln oder im Schwimmbad um alltägliche zwischenmenschliche Beziehungen, aber dabei auch immer um große Fragen drehen. Etwa was mit einem Menschen nach dem Tod geschieht und was von ihm bleibt. Oder einfach die Frage nach dem Glück.

„Was bleibt nach dem Tode“ dichtete schon Kurt Demmler für die DDR-Band Stern-Combo Meißen. Die Frage aller Fragen zielt bei Dea Loher aber nicht auf Namen und Ruhm, sondern ganz einfach auf die Erinnerungen, die man mit dem jeweiligen Menschen verknüpft. Dazu muss man diesen Menschen natürlich kennen, oder auch kennenlernen. Und gerade das unterscheidet Nino und Erik in Bezug auf die alleinlebende ältere Frau Yamamoto, die ständig ihre Tür zum Treppenhaus offenlässt, um angeblich besser Luft in ihre Wohnung zu bekommen. So kommt sie aber auch ins Gespräch mit dem aufgeschlossenen Nino, der Frau Yamamoto schließlich auch gegen den erst ablehnenden Freund Erik zum Essen einlädt. Ein folgenreicher Abend, der tatsächlich so etwas wie eine neue Art von Beziehung entstehen lässt. Eine andere aber endet. Von der Suche nach Partnerschaft, Beziehungsanbahnungen, eingefahrenen Beziehungen und Trennungen handeln die wechselnden Szenen dazwischen.

Ein Dichter (Thomas Wodianka), der ein Gedicht für eine zukünftige Liebe geschrieben hat. Ein Therapeut (Matthias Neukirch), der sich in seiner Beziehung langweilt und in den Neurosen seiner Patientin (Charlotte Schwab) nach Abwechslung sucht. Eine Frau (Judith Hoffmann), die sich am Telefon über den Mann in der Wohnung gegenüber aufregt, da er keine Vorhänge vor dem Fenster hat. Ein Paar (Daniel Lommatzsch, Charlotte Schwab) bei dem es immer wieder ums Geld geht, zwei Frauen (Alicia Aumüller, Judith Hoffmann), die sich im Park zum Schießen verabreden, oder zwei Angler (Alicia Aumüller, Judith Hoffmann), die sich über Gott unterhalten. Menschen, die Angst vor der Einsamkeit haben, aneinander vorbeireden, den Partner oder die Partnerin aber auch nicht wirklich zu kennen scheinen. Ein bunter heutiger Reigen im Kontrast zur gelebten Geschichte der Hauptfigur.

Man könnte da sicher auch einiges weglassen. Aber Dea Loher verleiht diesen für sie typischen Text-Miniaturen bei all der Fülle der angeschnittenen Themen trotzdem Witz und eine Leichtigkeit, die aber nie leichtgewichtig wirkt. Mit wenigen, nie störenden Regieeinfällen inszeniert das Jette Steckel ebenso locker und leicht. Der Abend scheint förmlich zu schweben. Ihr steht dabei ein ausgezeichnetes Schauspielensemble zur Verfügung, das den Abend zu einem reinen Theatervergnügen macht. Ein durchaus seltenes in Zeiten von viel Klamauk, Livekamera und unpersönlichen Textflächen.



Frau Yamamoto ist noch da am Schausüielhaus Zürich | Foto (C) Alex Bunge

Stefan Bock - 20. Juni 2025
ID 15316
FRAU YAMAMOTO IST NOCH DA (Deutsches Theater Berlin, 17.06.2025)
von Dea Loher

Regie: Jette Steckel
Bühne: Florian Lösche
Kostüme: Pauline Hüners
Licht: Michel Güntert
Musik: Mark Badur
Dramaturgie: Anika Steinhoff
Mit: Alicia Aumüller, Judith Hofmann, Mirco Kreibich, Daniel Lommatzsch, Matthias Neukirch, Sebastian Rudolph, Charlotte Schwab, Nikola Weisse und Thomas Wodianka
ATT-Gastspiel des Schauspielhauses Zürich


Weitere Infos siehe auch: https://www.schauspielhaus.ch


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AUTOR:INNENTHEATERTAGE

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