Heart Chamber
von Chaya Czernowin
 
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 Foto (C) Michael Trippel
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Bewertung:      
 
  
 Der relativ kurze Abend, ca. 1,5 h ohne Pause, bietet alles auf, was ein modernes Opernhaus heute liefern kann: Live-Elektronik, Videoprojektionen, Licht sowieso und die Bespielung der mächtigen Drehbühne. Eine Geschichte von Frau und Mann, die in eine Liebesbeziehung fallen. Zuerst ängstlich und verzaubert, später dann verschreckt und überrascht. Die Drehbühne auf der einen Seite mit dem Relikt einer Villa und riesiger Betontreppe. Eine Rasenfläche davor, bringt das Paar in die Natur zurück. Auf der anderen Seite riesige Videoprojektion, welche die Beiden durch eine Fußgängerzone begleiten. Das dreht sich und flunkert alles schnell hin und her, so dass die ersten zwanzig Minuten ganz unterhaltsam sind.
 
 Die Musik selbst hatte es aber von Anfang an schwer gegen diese Inszenierungsvielfalt. Feines Surren und Knistern, Grummeln und Knarzen hat Chaya Czernowin komponiert. Grenzen des Klanges werden ausgelotet, vieles wird zum Geräusch. Schön, dass die Musik aus vielen Richtungen durch den Raum pulsierte. Am Pult stand Johannes Kalitzke, der vor fast 20 Jahren bereits die Münchner Uraufführung von Czernowins erster Oper, Pnima... Ins Innere, dirigierte. Rechts im Parkett wirkte Frauke Aulbert als „Die Stimme“, Uli Fussenegger neben ihr bereicherte die Aufführung mit kunstvollen Kontrabass-Aktionen. Links sichtbar auf der Bühne war das vierköpfige Ensemble Nikel mit u.a. verschiedenen Gitarren platziert. In den Zuschauerlogen saß ein Vokalensemble, und vom Parkett Mitte leiteten Musiker vom SWR-Experimentalstudio die Klangregie und die live-elektronische Realisation. Auf der Bühne die Sopranistin Patricia Ciofi als Sie und der Bariton Dietrich Henschel als Er. Leider nur sehr dezent, denn in Heart Chamber werden die großen Gefühle ganz klein gehackt: es geht um „kleinste psychische und physische Veränderungen“ (Czernowin). Die Altistin Noa Frenkel und der Countertenor Terry Wey treten als Doppelung des Liebespaares auf. Ein Teppich von innerer Stimme und Ängsten.
 
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 Chaya Czernowin hat nach Pnima und Infinite now von 2016/17 zum dritten Mal mit Claus Guth und Christian Schmidt zusammengearbeitet. In der Uraufführung von Heart Chamber an der Deutschen Oper Berlin überwiegt die Inszenierung eindeutig die Musik. Auf der anderen Seite muss man sich fragen, was passiert, wenn man der allzu dezenten Partitur den Vorrang lassen würde. Bei Heart Chamber ist less nicht wirklich more. Auf weiten Strecken fehlen die musikalische Dichte und die klangliche Intensität, auf welche man sich bei einer Oper freut. Schade für diesen ambitionierten Kompositionsauftrag der Deutschen Oper Berlin und der Ernst von Siemens Musikstiftung.
 
 
 
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 Heart Chamber an der Deutschen Oper Berlin | Foto (C) Michael Trippel
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Steffen Kühn - 25. November 2019 ID 11845
 
HEART CHAMBER (Deutsche Oper Berlin, 21.11.2019)
 Komposition und Text von Chaya Czernowin
 Musikalische Leitung: Johannes Kalitzke
 Inszenierung: Claus Guth
 Bühne und Kostüme: Christian Schmidt
 Licht: Urs Schönebaum
 Video-Design: rocafilm
 Dramaturgie: Yvonne Gebauer und Dorothea Hartmann
 Besetzung:
 Sie ... Patrizia Ciofi
 Ihre innere Stimme ... Noa Frenkel
 Er ... Dietrich Henschel
 Seine innere Stimme ... Terry Wey
 Sopran ... Robyn Allegra Parton, Micaëla Oeste, Jana Miller und Rachel Fenlon
 Mezzosopran ... Verena Usemann, Anna-Louise Costello, Verena Tönjes und Jennifer Hughes
 Tenor ... Hans-Dieter Gillessen, Lawrence Halksworth, Wagner Moreira und Martin Fehr
 Bass ... Philipp Schreyer, Christoph Brunner, Simon Robinson und Andrew Munn
 Die Stimme ... Frauke Aulbert
 Der Kontrabassist ... Uli Fussenegger
 Live-Elektronische Realisation: SWR Experimentalstudio
 Klangregie: Joachim Haas, Lukas Nowok und Carlo Laurenzi
 Ensemble Nikel
 Orchester der Deutschen Oper Berlin
 Uraufführung war am 15. November 2019.
 Weitere Termine: 26., 30.11. / 06.12.2019
 
 
 Weitere Infos siehe auch: https://www.deutscheoperberlin.de/
          
     
         Post an Steffen Kühn
  
https://www.hofklang.de
  
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