London Symphony Orchestra
Sir Simon Rattle
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Bewertung:
16 Jahre lang hatte Sir Simon Rattle die Berliner Philharmoniker geprägt wie kein anderer Orchesterleiter zuvor; seit dieser Spielzeit übernahm Kirill Petrenko den Staffelstab von ihm - Sir Simon ist jetzt leitet jetzt das London Symphony Orchestra. Mit diesem Klangkörper - einem der drei beim diesjährigen MUSIKFEST BERLIN gastiert habenden Londoner Orchester - trat er gestern Abend auf...
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Das Berliner Publikum bereitet Sir Simon einen fantastischen Empfang. Und auch Barbara Hannigan, die Solistin von Hans Abrahamsens Let me tell you, ist eine gute Bekannte in der Hauptstadt und wird stürmisch begrüßt; das ihr gewidmete Stück gelangte 2013 mit ihr und den Berliner Philharmonikern zur Uraufführung. Die traditionelle Tonalität ist in dem Werk stark spürbar, und wahrscheinlich ist es sein Erfolgsrezept. Vertrautes wird jedoch durch Unerhörtes und auch Neues ständig torpediert. Kantig und spröde dominiert die Sopranistin den Beginn des Stückse, wobei das Orchester hier nur klangliche Ummalungen vollführt. Zarte Aktionen tauchen immer wieder auf und entwickeln sich mehr und mehr zu einem magischen Orchesterklang. Eine Art Vibrieren und Schwingen entwickelt sich, sirrende Piccoloflöten oder tief grummelnde Celli brechen diese Homogenität auf kreative Weise auf. Beeindruckend, wie Hannigan in diesen komplexen Strukturen immer wieder eigenständige Akzente setzt.
Éclairs sur l’Au-delà hat Messiaen 1990 als Auftragswerk zum 150jährigen Jubiläum der New Yorker Philharmoniker und auf Bitten Zubin Mehtas komponiert. Es ist sein letztes vollständig erhaltenes Opus vor seinem Tod 1992. Die elf Sätze des Konzertes für Orchester folgen der Johannes Offenbarung. Wie in seinem gesamten Schaffen orientiert sich Messiaen nicht an den klassischen Strukturen. Sehr freie Themen tauchen auf und werden entwickelt. Einige Hauptthemen wiederholen sich regelmäßig und geben der Komposition den notwendigen Rahmen, um eine Art kalkuliertes Chaos der orgiastischen Klangwolken, der entfesselten Rhythmik und der farbigen Filmmusikmelodien zu tragen. Rattle genießt die funkelnde Fülle der Partitur und zündet ein Feuerwerk von Geräuschen, die im Blech die Grenze des Hörbaren schon mal schrammen. Aber wer könnte da schon widerstehen: die Besetzung besteht neben dem klassischen Apparat aus 28 Holzbläsern, 17 Blechbläsern, Klaviatur Schlagzeuge für fünf Spieler und Perkussionsinstrumente für zehn Spieler, insgesamt stehen und sitzen 128 Musiker auf der Bühne. Verwundert reibt man sich manchmal die Augen, zu welchen Geräuschen ein klassischer Klangapparat fähig ist. Aber auch das ist Sir Simon noch nicht genug. Zwischenzeitlich wird ein Teil der Bläser im Saal verteilt, durch diesen Perspektivwechsel wird ein wohltuender Raumklang erzeugt, eine spannende Abwechslung in dem einstündigen Stück. Das Berliner Publikum ist begeistert und feiert emphatisch den Zurückgekehrten mit seinem "neuen" Londoner Orchester.
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Sir Simon Rattle und das London Symphony Orchestra | (C) Doug Peters
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Steffen Kühn - 12. September 2019 ID 11674
MUSIKFEST BERLIN (Berliner Philharmonie,11.09.2019)
Hans Abrahamsen: Let me tell you für Sopran und Orchester
Olivier Messiaen: Éclairs sur l’Au-delà für großes Orchester
Barbara Hannigan Sopran
London Symphony Orchestra
Dirigent: Sir Simon Rattle
Weitere Infos siehe auch: https://www.berlinerfestspiele.de/de/musikfest-berlin/start.html
Post an Steffen Kühn
https://www.hofklang.de
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