National Youth Orchestra of Great Britain
RE-GREENING / Mahlers Neunte
|
|
Bewertung:
"Mit seinen 164 Musikern kann das National Youth Orchestra of Great Britain (NYOGB) für sich in Anspruch nehmen, das größte Jugendorchester der Welt zu sein. Eines der ältesten ist es darüber hinaus auch: Seit der Gründung 1948 hat es über 550 Konzerte gegeben, an denen etwa 5000 hochtalentierte Musiker mitwirkten. Einige von ihnen haben später große Karriere gemacht: der jetzige Künstlerische Leiter Sir Mark Elder (einst Fagottist) ebenso wie Philharmoniker-Chefdirigent Sir Simon Rattle (als Schlagzeuger) und die Komponistin Judith Weir (als Oboistin). Die Musikerinnen und Musiker zwischen 13 und 19 Jahren kommen aus dem ganzen Vereinigten Königreich; jährliche Auditions für alle Spieler sorgen stets für neue, belebende Impulse. Das Repertoire umfasst vor allem die große Symphonik von Mahler, Elgar und Strauss bis zu Bartók, Lutoslawski und Thomas Adès. Der besondere Rang des NYOGB wird nicht nur durch das jährliche Konzert bei den Londoner Proms unterstrichen; 2014 nahm das Orchester auch an den Feierlichkeiten zum 60-jährigen Thronjubiläum von Queen Elizabeth teil. Mit dem zukunftweisenden Programm 'NYO Inspire' machen es sich die Orchestermitglieder zur Aufgabe, ihr eigenes Können und Erfahrung an andere junge Musiker weiterzugeben."
(Quelle: young-euro-classic.de)
*
Den Anfang machte ein nicht einmal 10 Minuten dauerndes Kurzstück von Tansy Davies (* 1973). Heißt Re-greening (dt.: "Umgrünung" oder so) und tönt in voller Pulle - nein, ich habe nicht gezählt, aber vom Höreindruck her könnten es tatsächlich alle 164 Musiker des NYOGB gewesen sein, die hieran teilnahmen...
Eine Art von Dschungelatmosphäre macht sich breit. Immenses Auf und Ab und Hin und Her von vor sich hin zwitschernden Vogelschwärmen. Stellenweise "analog" der Hitchcook'schen Attacke aus dem Film Die Vögel.
Mensch und Tier scheinen - während des Angehörten - miteinander um die Vormachtstellung ihres generellen Daseins wettzueifern, wobei wohl die Spezies Mensch auch gar nicht mal so schlecht davonzukommen sinnt, denn: Wo man singt, da lass dich nieder, böse Menschen haben keine Lieder - ja, o ja: Es wird sogar während des kleinen Großstückes gesungen; ein oder zwei Dutzend der Orchestermusiker (vermutlich die mit den jeweils singbarsten Stimmen und - vorausgesetzt, sie sind dann, falls sie Bläser sind, nicht augenblicklich in eine Instrumental-und-Mund-Aktion direkt verwickelt) geben Kostproben ihres Chor-Schöngesangs zum Besten, ein Choral, ganz leise, ist "in Höhe" zu vernehmen, wo "my god" z.B. hie und da vereinzelt zu entziffern ist.
Ja und so endet Re-greening auch schließlich (ausschließlich) vokaler Weise. Schönes Stück!
* *
Die 9. Sinfonie von Gustav Mahler einem Jugendklangkörper anzuvertrauen, ist - aus väterlicher Perspektive - nicht gerade unverwegen. Was da alles in dem kompositionellen Kosmos drinnen steckt; da haben rezipierende Erwachsene schon Müh und Not gewissermaßen mitzuhalten.
Dass die künstlerische Anmaßung in etwa wenigstens gelang, war mehr diesen genialen Jugendmusikern als weniger ihrem das ehrgeizige Unterfangen mit- bzw. hauptverantwortenden Dirigenten zu verdanken:
Die technische Perfektion, mit der das NYOGB zur Sache schritt, muss nachgerade als atemberaubend bezeichnet werden! Nicht genug damit, dass nicht ein einziger Patzer, eine einzige Gurke zu registrieren war, hört sich der ganze Korpus des Ensembles rund und weich und warm an.
Selten allerdings - um nicht zu sagen: nie - musste ich Zeuge einer derart unbotmäßig-undifferenzierten Darreichung des Werkes werden wie an diesem Abend unter Leitung von Mark Elder. Jener forderte die Sätze 1 bis 3 entschieden vielzu lärmend und entschieden vielzu langatmig von dem Orchester ein, sodass mein geistig-emotionaler Mitgehpunkt auf Null geriet.
Letztlich - zum unendlichen Ende von Satz 4 - machte der Elder Alles wieder gut: Er ließ die Sinfonie in einem sphärenartig-durchsichtigen Elfenschleier auslaufen, ja und es wurde also immer leiser, immer "unhörbarer"... Ich getraute mich nicht mehr zu atmen und vernahm im Nu den eignen Herzschlag überm Hals zum Ohr. Phänomenaler Schluss!
Ein Beifallssturm entbrannte.
|
© National Youth Orchestra of Great Britain | Bildquelle: young-euro-classic.de
|
Andre Sokolowski - 11. August 2015 ID 8807
NATIONAL YOUTH ORCHESTRA OF GREAT BRITAIN (Konzerthaus Berlin, 11.08.2015)
Tansy Davies: Re-greening (DEA)
Gustav Mahler: Symphonie Nr. 9 D-Dur
National Youth Orchestra of Great Britain
Dirigent: Sir Mark Elder
http://www.nyo.org.uk
Weitere Infos siehe auch: http://www.young-euro-classic.de
http://www.andre-sokolowski.de
Neue Musik
|
|
|
Anzeigen:
Kulturtermine
TERMINE EINTRAGEN
Rothschilds Kolumnen
BALLETT | PERFORMANCE | TANZTHEATER
CASTORFOPERN
CD / DVD
INTERVIEWS
KONZERTKRITIKEN
LEUTE
NEUE MUSIK
PREMIERENKRITIKEN
ROSINENPICKEN
Glossen von Andre Sokolowski
= nicht zu toppen
= schon gut
= geht so
= na ja
= katastrophal
|