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Neue Musik

Jakob Lenz

(Regie: Andrea Breth)

nun auch

in Berlin



Jakob Lenz von Wolfgang Rihm - inszeniert von Andrea Breth | Foto (C) Bernd Uhlig

Bewertung:    



"1978 wagt der junge Wolfgang Rihm einen expressiven Aufbruch, der mit den damals verbindlichen Spielregeln der postseriellen Avantgarde bricht. Er wagt ihn im Zeichen des Sturm und Drang-Dichters Jakob Michael Reinhold Lenz (1751-1792), der seinerzeit gegen das erstarrte literarische Regelwerk des Klassizismus angeschrieben hatte. Das Libretto von Rihms Oper verwebt lyrische Fragmente des Dichters im Rahmen einer Szenenfolge, die den Aufenthalt des suizidgefährdeten Lenz bei dem Sozialreformer und Pfarrer Johann Friedrich Oberlin im Steintal der Vogesen reflektiert, wohin Lenz von dem Literaten Christoph Kaufmann vermittelt worden war. Oberlins Aufzeichnungen über diesen Aufenthalt, bei dem es Oberlin und Kaufmann nicht gelingt, Lenz‘ Isolation zu durchbrechen und einen Ausbruch seiner Schizophrenie-Erkrankung zu verhindern, hatten bereits Georg Büchner als Grundlage seiner berühmten Lenz-Novelle gedient.

In der für drei Protagonisten, sechsstimmiges Vokalensemble und Kammerorchester komponierten Oper lotet Rihm in einem visionären musikalischen Palimpsest, in dem sich die unterschiedlichsten musikalischen Stile und Reminiszenzen überlagern, die Ängste und Ekstasen eines Traumatisierten aus, den der Tod eines kleinen Mädchens, das er nicht wieder zum Leben erwecken kann, in Verzweiflung stürzt. Seit der Uraufführung ist
Jakob Lenz eine der am häufigsten gespielten zeitgenössischen Opern."

(Quelle: Oper Stuttgart)

*

Für Regisseurin Andrea Breth war die 2014er Inszenierung dieses Stücks (Premiere war an der Oper Stuttgart) ein Glücksfall. Die perfekte Vorlage für ein nach innen gerichtetes Theater der Emotionen und der Sinnlichkeit. Choreografisch sind die einzelnen Bilder äußert konzentriert durchkomponiert: Sprachrhythmus, Körperbewegungen, Musik, Lichtregie - alles sitzt perfekt. Klischees werden vermieden, und das ist der besondere Verdienst dieser Regiearbeit: der delirante Lenz nicht hirnlos durchgedreht, Oberlin eben nicht onkelhaft helfend, extreme Ausbrüche schließlich nicht exhibitionistisch. Ein Lichtblick in der Realität heutiger Theaterlandschaften, wo der Zuschauer oft nur Voyeur der sich überschlagenen Bilder der Regieeinfälle ist. Breth übersetzt den anspruchsvollen Plot in rätselhaft Bilder, die in ihrer suggestiven Kraft oft so schön sind, dass sie sich auch ohne Antwort selbst genügen: Georg Nigl als Lenz halbnackt singend in ein Fach eines Bücherregals gequetscht, Oberlin den mit Exkrementen beschmutzten Lenz in die Arme nehmend. Für das Bühnenbild gilt das gleiche: vielschichtige intelligente Bilder, denen es gelingt sublime Entsprechungen für den an sich schwierigen Handlungsort Natur zu finden.

Sehr anspruchsvoll ist die Titelpartie des Lenz´. Von Singen über Schreien, über Sprechen, über Flüstern - alle Formen der menschlichen Stimme sind gefordert. Der Wechsel zwischen Sprechen und Singen beansprucht die Stimme und damit Georg Nigl extrem. Georg Nigl verfügt über viel Erfahrung mit zeitgenössischer Musik, und die Rolle des Lenz´ hat er schon über 20 mal gesungen. Dirigent Franck Ollu entlockt dem Kammerorchester der Staatskapelle Berlin solistische Qualitäten. Die Musik wirkt intensiver in diesem reduzierten Set Up, kann sich wunderbar in den Stimmen der Solisten und des Vokalensembles entfalten. Tolles Stück und tolle Regiearbeit, die Wiederholung der Inszenierung von Stuttgart kann man noch vielen Opernhäusern wünschen.




Jakob Lenz von Wolfgang Rihm - inszeniert von Andrea Breth | Foto (C) Bernd Uhlig

Steffen Kühn - 11. Juli 2017
ID 10138
JAKOB LENZ (Staatsoper im Schiller Theater, 08.07.2017)
Musikalische Leitung: Franck Ollu
Inszenierung: Andrea Breth
Bühnenbild: Martin Zehetgruber
Kostüme: Eva Dessecker
Licht: Alexander Koppelmann
Dramaturgie: Sergio Morabito
Besetzung:
Lenz ... Georg Nigl
Oberlin ... Henry Waddington
Kaufmann ... John Graham-Hall
Sopran 1 ... Irma Mihelič
Sopran 2 ... Olga Heikkilä
Alt 1 ... Sabrina Kögel
Alt 2 ... Stine Marie Fischer
Bass 1 ... Dominic Große
Bass 2 ... Eric Ander
Akrobat und Double Jakob Lenz ... Martin Bukovsek
Staatskapelle Berlin
Premiere in der Oper Stuttgart war am 25. Oktober 2014.
Berliner Premiere: 5. Juli 2017
Weitere Termine: 12., 14.07.2017
Koproduktion mit der Oper Stuttgart und dem Théâtre Royal de la Monnaie, Brüssel


Weitere Infos siehe auch: http://www.staatsoper-berlin.de


Post an Steffen Kühn

http://www.hofklang.de

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