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Neue Musik

Zu rührselig,

zu nationalistisch



Valentina als Gastspiel der Lettischen Nationaloper in der Deutschen Oper Berlin am 19. Mai 2015 | Plakatmotiv (C) Martins Ratniks

Bewertung:    



Valentina, die erste Oper des lettischen Komponisten Arturs Maskats (* 1957) greift auf eine lebende Legende zurück: die lettisch-jüdische Theaterwissenschaftlerin Valentina Freimane (* 1922) - eine Überlebende des Holocaust!


"Freimanes Vater entstammte einer deutschsprachigen jüdischen Familie aus Kurland. Die Familie siedelte in den 1920er Jahren von Riga nach Paris und dann nach Berlin über. In der Reichshauptstadt war der Vater als Rechtsberater bei der UFA tätig. Dadurch gab es Bekanntschaften mit Filmstars wie Anny Ondra und Karel Lamač, die im Elternhaus ein und aus gingen. Valentīna Loewenstein lebte ab 1931 in Riga bei ihren Großeltern und besuchte eine deutsche Schule. Die Eltern kamen 1935 nach.

Nach der sowjetischen Besetzung Lettlands 1940 wurde ein sowjetischer Offizier in der Wohnung zwangseinquartiert. Im Juni 1941 heiratete sie den Medizinstudenten Dietrich Feinmanis. Durch einen behördlichen Fehler erhielt sie den Namen Freimane statt Feinmane. Nach der deutschen Besetzung Lettlands im Juni 1941 wurden ihre Eltern und alle anderen Angehörigen ins Rigaer Ghetto verschleppt und später ermordet. Sie selbst versteckte sich bei ihrem Mann. Bei einer Hausdurchsuchung konnte sie unerkannt entkommen, während ihr Mann verhaftet wurde und später in einem Rigaer Gefängnis umkam. Valentīna Freimane konnte dank guter Beziehungen nacheinander an mehreren Orten Unterschlupf finden, darunter anderthalb Jahre beim Minderheitenpolitiker und Journalisten Paul Schiemann, der im Gegensatz zu den meisten Deutschbalten nicht umgesiedelt war. Er diktierte ihr seine Memoiren. Nach seinem Tod im Juni 1944 konnte sie sich in einer Wohnung in der Rigaer Altstadt verstecken, wo sie den Einmarsch der Roten Armee am 13. Oktober 1944 erlebte.

Nach dem Zweiten Weltkrieg hatte Freimane in der sowjetischen Diktatur sowohl Schwierigkeiten wegen ihrer großbürgerlichen und internationalen Herkunft als auch als überlebende Jüdin. Dennoch konnte sie ihre Karriere als Kunst-, Film- und Theaterwissenschaftlerin machen. Sie promovierte in Kunstgeschichte und war an der Lettischen Akademie der Wissenschaften tätig. Unterstützt von Künstlerverbänden, besorgte sie halblegal Filme aus der ganzen Welt, die sonst nicht gezeigt werden durften, und führte sie ihren Studenten vor. Für viele Sowjetbürger stellte das ein Fenster zum Westen da. 2001 erhielt Freimane für ihr Wirken den Drei-Sterne-Orden der Republik Lettland.

2010 erschien in Lettland ihre Autobiographie
Ardievu, Atlantīda!, die dort zum Bestseller wurde und ihr Leben bis zum 13. Oktober 1944 beschreibt. Die deutsche Übersetzung von Matthias Knoll ist im März 2015 unter dem Titel Adieu, Atlantis. Erinnerungen im Wallstein Verlag erschienen."

(Quelle: Wikipedia)




Valentina Freimanes Erinnerungen Adieu, Atlantis, in deutscher Sprache auch erschienen im Wallstein Verlag, ISBN 978-3-8353-1603-4


* * *

Das fast 3stündige Musikwerk - mit dem jetzt die Lettische Nationaloper als sowohl vom deutschen wie vom lettischen Außenministerium gesponserten Groß-Gastspiel in der Deutschen Oper Berlin Station machte (zuvor gab es noch zwei das Werk vorauslobhudelnde und das deutsch-lettische Verhältnis und die Politik im Großen und im Ganzen durchspielende und beleuchtende Festreden der zwei anwesenden Außenminister zu hören; was dann den Beginn des ohnehin bereits, vom Zeitlichen her, arg ausufernden Groß-Gastspiels nochmals um 40 Minuten rauszögerte) - wird dem aufwühlenden Einzelschicksal der "vertonten" lebenden als wie historischen Figur nur sehr bedingt gerecht; man weiß nicht, ob's am ausschweifenden und vom eigentlichen Thema immer wieder ablenkenden Groß-Libretto von Liana Langa und dem Komponisten oder gar an der Musik an sich gelegen haben könnte - - die erlebten Groß-Eindrücke jedenfalls waren doch sehr verschieden und suspekt zugleich:

Das Groß-Ding konnte sich womöglich nicht entscheiden, ob es lettisch-patriotische (z.T. nationalistische) Groß-Töne anzuschlagen willens war oder "bloß" auf die Tränendrüse drücken wollte - die Musik klingt irgendwie, als wäre sie von etlichen Tonsetzern aus dem vorigen Jahrhundert kolportiert worden, Bizet, Puccini, Korngold, Bartók, Schostakowitsch usf.; von jedem war da irgendwas zu hören oder stilverwandt "nachkomponiert" - nein, hält man es für möglich, dass "ganz neu" geschriebene Musik so derart altmodisch-geballt im 21. Jahrhundert existiert? Man möchte (schon aus Höflichkeit) kein Wort mehr über solchen kompositionellen Rückgewandtheitimpetus verlieren - - also schweigen wir.

Gesungen und gespielt wird leidenschaftlich und (zumeist) aus vollem Rohr - aus dem Orchestergraben (Dirigent: Modestas Pitrenas) dröhnen selten so gehörte Anschwellungen exzessivster Spielweise; der unermüdlich auf der Bühne eingespannte Chor selbstredend inbegriffen.

Sopranistin Inga Kalma absolviert ein regelrechtes Heldenpensum mit der Valentina-Titel- sowie Hauptfigur; das macht sie bravorös, und hierfür kriegt sie auch verdienter Maßen stürmischen Applaus!



Valentina von Arturs Maskats - Gastspiel der Lettischen Nationaloper an der Deutsche Oper Berlin am 19. Mai 2015 | (C) Martins Ratniks


Alles in Allem: Dieses Rührseliggemachtsein und v.a. Patriotisch-Nationale in der Valentina tut sich doch, rein klanglich, in ein scheinheiliges Nichts hinwegverflüchten. Hat null Tiefgang - das meint keinesfalls (um hier kein Missverständnis aufkommen zu lassen) das als Stückvorlage gedient habende Einzelschicksal Valentina Freimane's.

Ernüchterung.

Andre Sokolowski - 20. Mai 2015
ID 8651
VALENTINA (Deutsche Oper Berlin, 19.05.2015)
Musikalische Leitung: Modestas Pitrenas
Inszenierung: Viestur Kairish
Bühne und Kostüme: Ieva Jurjane
Besetzung:
Valentina ... Inga Kalna
Dima ... Jānis Apeinis
Alexei ... Mihail Chulpaev
Valdis ... Rihards Mačanovskis
Alma ... Ieva Parša
Kindermädchen ... Laura Grecka
Elsa ... Kristīne Zadovska
Valentinas Mutter ... Liubov Sokolova
Valentinas Vater ... Armands Siliņš
Vermieter ... Krišjānis Norvelis
Burschenschaftler, Schutzmänner, Offiziere ... Guntars Ruņģis und Viesturs Vītols
Doktor ... Samsons Izjumovs
Verehrer ... Nauris Puntulis
Valentina in der Gegenwart ... Ieva Kepe
Komparserie, Chor und Orchester der Lettischen Nationaloper
Uraufführung an der Lettischen Nationaloper war am 5. Dezember 2014
Gastspiel der Lettischen Nationaloper


Weitere Infos siehe auch: http://www.deutscheoperberlin.de


Post an Andre Sokolowski

http://www.andre-sokolowski.de

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