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Emotionen



Die Gespenstersonate von Aribert Reimann an der Staatsoper im Schiller Theater | Foto (C) Vincent Stefan

Bewertung:    



Strindbergs Schauspiel Die Gespenstersonate wurde nach der durchgefallenen Uraufführung am 21. Januar 1908 durch Max Reinhardts deutsche Erstaufführung im Jahre 1916 in Berlin rehabilitiert. Der Berliner Komponist Aribert Reimann stieß irgendwann auf Strindbergs Gruselstück. Er übertrug den Original-Text aus dem Schwedischen gemeinsam mit Uwe Schendel ins Deutsche und komponierte die gleichnamige Kammeroper. 1984 erfolgte im Hebbel-Theater die Uraufführung durch die Deutsche Oper Berlin.

Für Reimann war die Geschichte um einen Ehebruch mit Kindesfolge, um einen skrupellosen Kindsvater und die um diese Konstellation agierenden Familienmitglieder eine perfekte Vorlage für seine vom klassischen Lied herkommende Komposition. Wie, wenn nicht durch die Unmittelbarkeit der menschlichen Stimme kann man zeigen wie sich eine Familie über Jahrzehnte gegenseitig quält.



"In einem vornehmen Haus trifft sich seit vielen Jahren eine morbide Essensgesellschaft, deren einzige Verbindung in leer laufenden Ritualen ewiggleicher Tätigkeiten besteht. Man begegnet sich schweigend, denn es herrscht stille Übereinkunft über die erfunden Geschichten und gesichtswahrenden Lügen eines jeden einzelnen. Doch wird diese spukhafte Situation bald von Direktor Hummel gestört, der sich vorgenommen hat, vor den Augen des ahnungslosen Studenten Arkenholz mit der Gesellschaft abzurechnen." (Quelle: Staatsoper Unter den Linden)


Reimanns Musik läd die kruden Themen emotional auf. Die fast barocke Farbigkeit treibt die Solisten durch den Plot. Klangwirkungen der Instrumente stehen gegen die expressiven Gesangspassagen. Extreme Lage der Instrumente (Kontrabass, Fagott) begleiten die extremen Aktionen der Sängerinnen und Sänger. Eindrucksvolle Leistungen bieten die jungen Mitglieder des Internationalen Opernstudios: Bariton Adam Kutny als Bengtsson und Bedienter und insbesondere der großartige junge Bassist David Oštrek in der Partie des 80jährigen Alten und des Direktors Hummel. Neben der stimmlichen Leistung verkörpern die beiden in jeder Sekunde des Stückes ihre Rollen. Auch wenn sie nicht singen, rauschen durch ihre Gesichter die Emotionen. Matthew Peña verkörpert die Partie des Studenten Arkenholz. Mit tenoralen Tönen versteigt er sich in extreme Höhenlagen. Alexandra Ionis gibt die stimmlich papageienhaft gerierende Mumie und Frau des Obersten. Tierhaft girrend ruft sie nach ihrem Liebhaber. Das Spiel der intensiven Sopranistin Paula Rummel als Tochter der Mumie ist so beeindruckend wie ihre Stimme. Die Gesten und Blicke mit denen sie schließlich dem sie liebenden Studenten zum Opfer fällt, einfach zauberhaft.

Die Inszenierung von Bassbariton Otto Katzameier muss sich der Enge der Werkstatt im Schiller Theater anpassen. Er verzichtet auf sieben stumme Rollen und reduziert die singenden Personen durch diverse Koppelungen auf insgesamt sieben Sängerdarsteller. Statt spielender Gespenster gibt es im leeren und rohem Raum Stephan von Wedels überlebensgroße Videoprojektionen. Auf Leitern an zwei Seiten des Raumes stehend, sprechen die Diener miteinander. Die erstarrte Gesellschaft versammelt sich an einem auch mal durch den Raum gefahrenen, schwarzen Tisch. Durch geringe Varianten – mit oder ohne Brille – werden die Darsteller verwandelt, der Diener Johansson zum Oberst (Noriyuki Sawabu) oder die dunkle Dame zur durchgedrehten Köchin (Natalia Skrycka).

Die im Rang der Werkstatt positionierten, aber mit Gaze verborgenen Instrumentalisten der Staatskapelle Berlin und der Orchesterakademie leitet Dirigent Michael Wendeberg. Mit adäquaten Farben setzt er ganz auf die Klangwirkungen der Instrumente oder lässt sich auf teils lautmalerische Exkurse der Partitur ein. Eine gelungene Inszenierung im Berliner Reimann-Jahr 2017.




Die Gespenstersonate an der Staatsoper im Schiller Theater | Foto (C) Vincent Stefan

Steffen Kühn - 2. Juli 2017
ID 10119
DIE GESPENSTERSONATE (Werkstatt im Schiller Theater, 01.07.2017)
Musikalische Leitung: Michael Wendeberg
Inszenierung & Video: Otto Katzameier
Ausstattung: Stephan von Wedel
Dramaturgie: Roman Reeger
Besetzung:
Der Alte, Direktor Hummel ... David Oštrek
Der Student Arkenholz ... Matthew Peña
Der Oberst/ Johansson, Diener bei Hummel ... Noriyuki Sawabu
Die Mumie, Frau des Obersten ... Alexandra Ionis
Das Fräulein, ihre Tochter ... Paula Rummel
Bengtsson, Bedienter beim Oberst ... Adam Kutny
Die dunkle Dame, Tochter des Toten / die Köchin beim Oberst ... Natalia Skrycka
Internationales Opernstudio Unter den Linden
Mitglieder der Staatskapelle Berlin
Uraufführung im Hebbel-Theater Berlin war am 25. September 1984.
Premiere an der Staatsoper im Schiller Theater: 25. Juni 2017


Weitere Infos siehe auch: http://www.staatsoper-berlin.de


Post an Steffen Kühn

http://www.hofklang.de

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