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Neue Musik

Martin Grubinger

"schlägt"

Peter Eötvös

Speaking Drums


(C) Martin Grubinger

Bewertung:    



Gestern Abend hat der ungarische Dirigent und Komponist Peter Eötvös das Orchestra dell’Accademia Nazionale di Santa Cecilia geleitet und dem römischen Publikum sein Perkussions-opus Speaking Drums - Vier Gedichte für Solo-Schlagzeuger und Orchester nach Texten von Sándor Weöres vorgestellt - "attestiert" hatte ihm der junge österreichische Schlagzeuger Martin Grubinger.

22 Minuten dauert diese Perkussion-Theater-Show, und (wie der Titel schon ankündigt) wird dazu auch gesprochen. Sieben unterschiedliche Schlagzeug-Kombinationen sind vor dem klein besetzten Orchester aufgebaut. Zwischen diesen - schrille Schreie von sich gebend - turnt der Grubinger virtuos hin und her. Es hört sich an wie eine Mischung aus Geister beschwörendem Voodoo-Kriegsgetöse und der Performance einer Maori-Rugby Mannschaft, wenn die ihre Gegner schon vor dem Spiel mit Gebrüll fertig machen will. Gebannt schauen wir auf die Bühne, ob Grubinger die Musiker (oder das Publikum) evtl. auch noch physisch angreifen wird. Jeder Satz lässt Spielraum für Improvisationen. Für das Publikum allerdings nicht erkennbar, was Partition und was Improvisation ist – wahrscheinlich für Grubinger auch nicht, denn er geht voll darin auf.

"Dance Song" heißt der erste Satz, und Grubinger schreit den rhythmischen Pattern angepasst Wörter (4, 3, 2, 1-silbig) wie "Panyigai - Kudora - Kotta – Ü" und beendet dieses mit einem Glockenspiel und japanischen Trommeln. Das Orchester antwortet harmonisch und transparent und fast unauffällig. / Der zweite Satz trägt den Namen "Nonsense Songs". Hier bearbeitete Eötvös Teile von Kriegsgedichten von Weöres ("Barbarisches Lied" heißt eines), und es fehlte nur noch, dass Messer zwischen den Zähnen blitzten - bis es allmählich wieder etwas ruhiger wurde; an dieser Stelle brüllte Grubinger die Wörter "Naur" und "Glainre", und das Orchester antwortet mit einem gesprochenen, friedlichen "Jamam". / Der dritte Satz ist eine Passacaglia, als siebenteilige Suite aufgebaut (Entrée, Saltarello, Bourrée, Passepied, Gigue, Allemande, Finale) und basiert zum Teil auf Versen des indisch-mittelalterlichen Dichters Jayadeva. Die etwas schleppenden Rhythmen werden hier vom Wort "Harir" und vom Brüllen eines Löwen begleitet. Dieser Teil ist sehr Marimba-lastig (hier wirkt Grubinger als wahrer Großmeister und unterbricht sich selber; oder war es gleichzeitig?) sowie als eine Art von schnellem Rap-Gespräch ("Lalitala vangala tápari sílana kómala malaja szamiré") gebaut. Die Gigue ist eine Form von Charleston-Duett mit Trompete, wozu der Trompeter aus dem Orchester zu Grubinger nach vorne gerannt kam und sogleich wieder abzog, um Platz für zwei andere Musiker zu machen, die ihm Pfannen und eine Thermoskanne hinhielten, auf die Grubinger dann einschlug.

Ergänzt wurde das Orchester auch von traditionellen Perkussionsinstrumenten wie Tam-Tam und Holz.

Applaus und begeisterter Jubel!



Nach dem Konzert mit Peter Eötvös, Martin Grubinger und dem Orchestra dell'Accademia Nazionale di Santa Cecilia - Foto (C) Christa Blenk


Peter Eötvös (*1944) hatte sein Werk 2012 als Auftragskomposition für die Stiftung Prinz Pierre von Monaco geschaffen; es wurde 2013 in Monte Carlo mit Andrey Boreyko am Pult und Daniel Ciampolini an der Perkussionsinstallation aus der Taufe gehoben.

Der Salzburger Martin Grubinger (*1983) gehört spätestens seit dem vierstündigen Perkussionsmarathon The Percussive Planet (2010) zu den Schlagzeug-Stars. Er hatte sich gestern voll ausgetobt, viel Spaß dabei gehabt und sicherlich zwei Kilo abgenommen.


Christa Blenk - 1. Februar 2015
ID 8407
ORCHESTRA DELL'ACCADEMIA NAZIONALE DI SANTRA CECILIA (Auditorium Parco della Musica, Rom | 31.01.2015)
György Ligeti: Melodien
Peter Eötvös: Speaking Drums
Charles Ives: Three Places in New England
Gershwin: Ein Amerikaner in Paris
Martin Grubinger, Schlagzeug
Orchestra dell'Accademia Nazionale di Santa Cecilia
Dirigent: Peter Eötvös


Weitere Infos siehe auch: http://www.santacecilia.it/


Post an Christa Blenk

eborja.unblog.fr

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