MÜNCHNER PHILHARMONIKER
Werke von Ustwolskaja und Schostakowitsch
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Valery Gergiev | Foto (C) Kai Bienert
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Bewertung:
Valery Gergiev zählt ganz ohne Zweifel zu der A-Klasse der um den Erdball jettenden Weltpultstars. Er ist aber auch gewissermaßen "sesshaft", denn seit mehr als 20 Jahren leitet er das legendäre Mariinsky in St.Petersburg, das er durch seinen internationalen Nimbus und, ganz aktuell, dank seines intensiven Drahts zu Putin einer immer wachsenderen Klientel des Westens (wie es immer so schön missverständlich heißt) nahe und näher bringt. Sein nicht nur künstlerischer Einfluss scheint enorm zu sein - seit letztem Jahr ist er zudem Chefdirigent der Münchner Philharmoniker. Die Beiden hatten gestern Abend einen Auftritt beim MUSIKFEST BERLIN - und da passierte vorm Konzert dann Dieses:
Nach über 20 Minuten unerklärter Wartezeit - und das Orchester saß längst auf dem Podium - bemühte sich der Maestro endlich raus und wurde (in Berlin nicht ungewöhnlich, wenn "so etwas" Unerklärliches passiert) mit aufgebrachten Buh-Rufen empfangen. Der Gerechtigkeit halber muss freilich angemerkt sein, dass das impulsive Bauchurteil der Ungehaltenen womöglich fehl am Platze war, weil man ja halt nicht wissen konnte, was der eigentliche Grund dieser Verspätung war; die Kommunikation [von Seiten des Veranstalters] war praktisch null - - ganz ungeachtet dessen wurde allerdings der Schreiber dieser Zeilen mit insiderischen Infos von drei (Münchener) Kollegen von den Nachbarsitzen aus versorgt, die meinten, dass dann Ähnliches in München an der Tagesordnung wäre. Ist es möglich?! Hat der Maestro gar Allüren??!!
Er und sein Orchester taten uns dann unverzüglich mit den Darbietungen ihres russischen Programms sofort wieder versöhnen...
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Es erklang zunächst die 15minütige dritte Sinfonie Isése Messija, Spasi nas! von Galina Ustwolskaja (1919-2006), einer einstmaligen Schülerin von Schostakowitsch (der zweimal um ihre Hand angehalten haben soll). Ihr Name ist fast "unbekannt", ihr intensives als wie unverwechselbares Oevre (25 von ihr authorisierte Werke) sollte/müsste nicht nur hierzulande noch erkundet und gespielt werden; ein absolutes Muss - ja, sie befindet sich, von ihrer kompositorischen Bedeutung her, quasi auf Augenhöhe mit der ungleich öfter weltweit wahrgenommenen Sofia Gubaidulina. / Es ist ein zwanghaft-spirituelles Stück. Der 78jährige Schauspieler Alexei Petrenko(Rasputin in dem Elem Klimov-Film Agonia, 1981) sprach die russisch übersetzten mittelalterlichen Verse des schwäbischen Benedektiners Hermann von Reichenau - sie gipfeln in dem Aufschrei "Jesus Messias / Errette uns!" Ustwolskaja's Musik ist fast schon stoisch, absolut unaufgeregt und dennoch von emotionaler Kraft und Überzeugung. Eine exemplarische Entdeckung!
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Alexei Petrenko als Rasputin in Agonia von Elem Klimov | Bildquelle: scanorama.lt
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Danach - ohne Pause - Dmitri Schostakowitsch's kraftmeiernde und mit seinem Vorbild/"Widersacher" Gustav Mahler arg ins Gericht gehende Vierte Sinfonie - ein anmaßendes Unding von virtuoser Schikane (es gibt im ersten Satz eine Streicher-Fuge im irrwitzigsten Presto; das vermögen wohl nur auserwählteste Orchester adäquat zu musizieren), aber auch gedankentief-bedenklicher Ausuferung.
Gergiev hatte diese Programmzusammenstellung 1995 mit dem Concertgebouw-Orchester in der holländischen Hauptstadt erstmals ausprobiert - da war dann auch die Uraufführung von/mit der Ustwolskaja.
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Tolles Orchester, toller Dirigent.
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Andre Sokolowski - 7. September 2016 ID 9528
MÜNCHNER PHILHARMONIKER (Philharmonie Berlin, 06.09.2016)
Galina Ustwolskaja: Sinfonie Nr. 3 Isése Messija, Spasi nas! für Sprecher und Orchester
Dmitri Schostakowitsch: Symphonie Nr. 4 c-Moll op. 43
Alexei Petrenko, Rezitation
Münchner Philharmoniker
Dirigent: Valery Gergiev
Weitere Infos siehe auch: http://www.berlinerfestspiele.de/musikfest
http://www.andre-sokolowski.de
MUSIKFEST BERLIN
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