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Konzertkritik

Weit weg

von hier...


TE DEUM von Arvo Pärt


Bewertung:    



Das Te Deum von Arvo Pärt (geb. 1935) ist so derart einzigschön, dass man am besten nicht hierüber schreiben möchte. Worte könnten nachgerade nicht den "Eindruck" spiegeln, der beim Hören dieses Klangwunders die Seele (und sofern es eine solche wirklich geben sollte) bei der Hand zu fassen und sie weit, weit weg - Hauptsache "fort von hier" - zu ziehen, zu entführen, zu entsenden in der Lage wäre. So ein Vorfreuen auf Besseres, ein transitäres Innehalten... Als die "Suche nach etwas ständig Entgleitendem, nach etwas, was längst verloren ist oder noch nicht gefunden." fasst der Komponist sein Stück von 1984 selbst zusammen.

Jetzt hat es der RIAS Kammerchor, dieser Vokaljuwel der Extraklasse, mit stark suggestivem sowie autotherapierend anmutendem Herzzerreißungswillen dargeboten. Alexander Liebreich, welcher mit dem Münchner Kammerorchester hierzu sekundierend einbestellt wurde, erwies sich als ein kongenialer Lieferer des atmosphärisch wundersamen Instrumententeppichs; ganz am Anfang dringt ein fasthin undurchlässig in den Lobgesang hineinwabernder Nebel, den der Pärth per Tonband vorsynthetisierte...

Der von Michael Gläser einstudierte Chor wird dreigeteilt, d.h. dass rechts und links auf den Balkonen des Kammermusiksaals der Philharmonie Berlin je acht Choristinnen sowie Choristen reihig stehen, während alle anderen dicht hinter dem Orchester und dem präparierten Flügel Aufstellung genommen haben.

Alles scheint in dem von Pärt gewollten ungehetzten, gleichbleibenden Tempo permanent zu fließen: aus- wie ineinander. Diese sängerische Präzision der Einzelnen im chorisch Ganzen, und das Alles dann gepaart mit dieser streichelnd-streicherischen Inbrunst von den Instrumenten - sphärische Musik.

*

Nicht ganz so andauernd zu tun hatte darauf der Chor in Beethovens Christus am Ölberge - das opernhafte Oratorium wird nicht allzu oft in den Konzertsälen geboten; und ich störe mich dann jedesmal v.a. an dem aufgehitzten Engels-Part der Sopranistin, die ihn mit schier Königin-der-Nacht-hafter Ekstatik in die Runde trällern muss.



"Die Handlung des Oratoriums setzt im Garten Gethsemane ein, als Jesu Verhaftung kurz bevorsteht und dieser seinen Vater um Trost bittet, gleichzeitig aber seinen bevorstehenden Kreuzestod 'zum Heil der Menschheit' willkommen heißt. Als die Krieger auftauchen, um Jesus zu verhaften, bittet dieser seinen Vater, die Leidensstunden mögen 'rasch wie die Wolken, die ein Sturmwind treibt' vorübergehen. Währenddessen flehen die Jünger um Erbarmen. Petrus versucht, Jesus zu retten, wird aber von diesem davon abgehalten. Als Jesus von den Kriegern gepackt wird, beschließt ein Chor der Engel das Werk." (Quelle: Wikipedia)


Die Chöre müssen Stimmen/Stimmungen von Kriegern, Jüngern sowie Engeln nachstellen und nachempfinden - doch die meiste Zeit in diesem nicht so recht in Gang kommenden Beethoven wird mit arios gehaltenen Rezitativen der drei "Hauptgestalten" Jesus, Petrus und Seraph verplempert; ganz zum Schluss klingt es so ungefähr wie beim Fidelio-Finale.

Merkwürdiges Stück.

Aber den Zuhörern hatte es insgesamt - Pärt inklusive Beethoven - dem Anschein nach gefalllen; mir [als passioniertem RIAS Kammerchor-Fan] selbstverständlich auch.




RIAS Kammerchor | (C) Matthias Heyde

Andre Sokolowski - 7. Mai 2017
ID 10019
RIAS KAMMERCHOR (KMS der Philharmonie Berlin, 06.05.2017)
Arvo Pärt: Te Deum
Ludwig van Beethoven: Christus am Ölberge
Simona Šaturová, Sopran
Benjamin Bruns, Tenor
Stephan Genz, Bariton
RIAS Kammerchor
(Choreinstudierung: Michael Gläser)
Münchener Kammerorchester
Dirigent: Alexander Liebreich


Weitere Infos siehe auch: http://www.rias-kammerchor.de


http://www.andre-sokolowski.de

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