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Konzertkritik

Dramaturgisches Doppel-Debakel



Das ist der Dirigent Cornelius Meister, der beim DSO-Konzert am 24. November 2017 für den erkrankten Robin Ticciati einsprang. | Foto (C) Marco Borggreve

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Die ca. 15minütige Meditation von Toshio Hosokawa - ein durchkomponiertes sechssätziges Werk, das sein Schöpfer zu den Themen der 2011er Tsunami-Katastrophe und der explodierten Atomanlage in Fukushima erarbeitete - "nahtlos" in den ersten Satz der Dritten Sinfonie von Gustav Mahler [unter Haitink neulich rezipiert] gewisser Maßen einmünden zu lassen: auf solch außerirdisch-dramaturgischen Schwachsinn muss man erst mal kommen!

Nichts gegen Extrem-Paarungen von sich mehr oder weniger konzeptionell ergänzenden Stücken, und auch nichts gegen "nahtloses" Überleiten von dem Einen in das Andere - zuletzt probierten etwas Ähnliches das RSB unter Jurowski aus, indem sie Nono's Julius Fučík mit der sog. Schicksalssinfonie von Beethoven verkorrelierten, was dann auch nicht ungrenzwertig war. Oder (als zweites Beispiel: ) dass mitunter Herzog Blaubarts Burg von Bartók "nahtlos" an Schönbergs Erwartung schließt; Peter Konwitschny hatte das mal seiner Zeit in Leipzig inszeniert, Hauptgrund war allerdings, dass es ein Einheitsbühnenbild für beide Werke als Voraussetzung(en) gab...

Weswegen jenes Hosokawa/Mahler-"Nahtlos" gar nicht funktionierte, ist in erster Linie dem bedauerlicher Weise Nicht-vorher-Gekanntsein des 2012er Opus geschuldet - praktisch gefragt: Wann ist die Stelle, wo Meditation zu Ende ist, wo ihr definitiver Letztton klingt, wo man erwartbar (enthusiastisch aufgeladen oder auch bloß anstandshalber) klatscht und ihr so Beifall zollt? Nichts wusste/weiß der Laie! DAS war/ist dann das Problem.

*

Und noch ein zweiter Aufreger:

Der sich unendlich fortentwickelnde und mit zig Höhepunkten aufspulende erste Satz von Mahlers Dritter (als Erste Abteilung von ihm festgelegt) endet - nach 'ner gefühlten vollen Stunde - mit 'ner (ebenfalls vom Komponisten vorgeschriebenen) Zäsur, will sagen einer deutlich wahrnehmbaren Pause, dass man ruhend innehalten kann, um auch den fünfsätzigen Rest dieses illustrativen Monstrums höchst bereitwillig und lustvoll durchzustehen. Doch statt einem Ruhend-Innehalten wird man zwangsartig genötigt, den erst jetzt zur Aufstellung sich in den Saal hinein bewegenden Chormitgliedern aus Jungen (Staats- und Domchor Berlin) und Frauen (Damen des Rundfunkchors Berlin) zu applaudieren - jedenfalls tat das die Hälfte der im Saal Befindlichen; es war auch nicht ganz klar, klatschte sie nun wegen des rückliegenden ersten Satzes oder wegen des choristischen Hereinmarsches - - die Stimmung jedenfalls war erst mal hin!!

Cornelius Meister, der für den erkrankten Ticciati eingesprungen war, vermochte kaum den Kern/die Kerne all der vorliegenden musikalischen Geschichten dieses Riesen-Aufklappbuchs von Gustav Mahler 'rauszuschälen. Und obgleich die Musikerinnen und Musiker vom Deutschen Symphonie-Orchester in der singulärsten Tages-Topform, die man sich nur denken könnte, angetreten waren. Überwiegend klang das Alles zwar sehr aufeinander abgewogen und hatte zudem einen vorzüglich-satten und auch klaren Klang. Doch dieses Sommertagtraumhafte, dieses Sonne-Blauerhimmel-Feeling, was man nur zu dieser Jahreszeit empfinden kann, stellte sich trotz jeglicher künstlerischen Nachbereitungsmühe selten resp. gar nicht ein. Der unverwechselbare und doch einschüchternde Contramezzo Karen Cargills (bei "O Mensch! Gib Acht!") driftete außerdem ins Fricka-Opernhafte ab...

Andre Sokolowski - 25. November 2017
ID 10393
DEUTSCHES SYMPHONIE-ORCHESTER (Philharmonie Berlin, 24.11.2017)
Toshio Hosokawa: Meditation für Orchester
Gustav Mahler: Symphonie Nr. 3 d-Moll für Mezzosopran, Knabenchor und Frauenchor
Karen Cargill, Mezzosopran
Damen des Rundfunkchors Berlin
(Choreinstudierung: Benjamin Goodson)
Staats- und Domchor Berlin
(Choreinstudierung: Kai-Uwe Jirka)
Deutsches Symphonie-Orchester Berlin
Dirigent: Cornelius Meister


Weitere Infos siehe auch: http://www.dso-berlin.de


http://www.andre-sokolowski.de

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