YOUNG EURO CLASSIC | 17. 8. - 3. 9. 2017
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Chor und Orchester der Elisabeth University of Music, Hiroshima
STERNLOSE NACHT von Toshio Hosokawa
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Bewertung:
Die Musik des japanischen Komponisten Toshio Hosokawa (geb. 1955) erfreut sich nicht nur in Europa, Deutschland und Berlin großer Beliebtheit. Und wahrscheinlich - auch weil es ihn (schon vor über 40 Jahren) an die Spree verschlug, wo er z.B. an der UdK studierte - nimmt man viele seiner Werke insbesondere dann hier sowohl in den Konzertsälen als auch in Opernhäusern ziemlich regelmäßig wahr; in letzter Zeit "begegneten" uns diesbezüglich Circulating Ocean (mit dem DSO), die Uraufführung seines Hornkonzertes Moment of Blossoming (mit den Berliner Philharmonikern) oder die beiden Opern Matsukaze sowie Hanjo (beide Male durch die Staatsoper Unter den Linden)...
Warum allerdings erst gestern Abend Hosokawa's epochales (und in Baden-Baden in 2010 aus der Taufe gehobenes) Antikriegs-Opus Sternlose Nacht seine Berliner Erstaufführung hatte, kann in Anbetracht der eigentlich doch lückenlosen Werkbeachtung in der deutschen Hauptstadt nicht so richtig einleuchten - nunmehr also war es um es geschehen, und die ausgeführt habenden Gäste vom Chor und Orchester der Elisabeth University of Music, Hiroshima hinterließen hiermit einen respektabelen Gesamteindruck ihres erstaunlich-fortgeschrittenen gesanglichen und musizierenden Vermögens; sicher einer von den Höhepunkten des noch bis zum 3. 9. stattfindenden Festivals YOUNG EURO CLASSIC.
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Das weit über einstündige Stück ist neunteilig und übt sich in gewissen "Anlehnungen" an Verwandtschaftliches aus den Federn Beethovens (Neunte Sinfonie), Mahlers (2. und 8. Sinfonie) oder auch Brittens (War Requiem). Zuallererst ist es jedoch, schon durch die mutige Zusammenführung seiner beiden Grundthemen - den Stadtzerstörungen von Dresden und Hiroshima im/nach dem Zweiten Weltkrieg - einmalig und unverwechselbar.
Musikalisch und auch textlich gibt es einen sehr spirituellen Rahmen, der den Jahreszeitenkreislauf (wie ihn Dichter Georg Trakl auf das Wundersamste einfing) atmosphärisch illustriert. Der Chor hat hier den weitreichendsten Einfluss auf uns Hörer schier naturalistisch einzuwirken, wenn er beispielsweise bis zum kaum noch wahrnehmbaren Flüster-und Geräusche-Pianissimo das Unterschneeausharrende oder die Herbstzeitlosenruhe stimmlich imitiert. Inmitten dieses Immerwiederkehrenden fallen die beiden Sprech-Einlagen ("Grabstein in Dresden", "Grabstein in Hiroshima") wie aus der Zeit; und insbesondere die Dresdner Augenzeugenberichte vom 13. Februar 1945, die von Nina Petri, Heikko Deutschmann rezitiert werden, geraten absichtlicher Weise völlig aus dem Ruder, wenn zunehmend laut und immer lauter der Orchesterapparat die vorgetrag'nen Texte überdeckt und schließlich gänzlich schluckt. Die Mezzosopranistin Miyuki Fujii wirkt dann ihrerseits mit ihrer kurz und knapp geratenen Hiroshima-Einlage (aus From under the cloud of the atomic bomb von Masao Masunishi), die sie aufs bestürzend Abgeklärte vokaliert, um einen Deut noch glaubhafter und eindringlicher...
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Dank und Jubel für dieses von Dirigent Jonathan Stockhammer geleitete Konzert.
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Chor und Orchester der Elisabeth University of Music, Hiroshima | (C) Elisabeth University Hiroshima
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Andre Sokolowski - 27. August 2017 ID 10217
YOUNG EURO CLASSIC (Konzerthaus Berlin, 26.08.2017)
Ludwig van Beethoven: Meeresstille und glückliche Fahrt op. 112
Franz Schubert: Symphonie Nr. 7 h-Moll, Die Unvollendete
Toshio Hosokawa: Sternlose Nacht für zwei Soprane, zwei Sprecher, Chor und Orchester (2010)
Yoshiko Kobayashi, Sopran
Miyuki Fujii, Mezzosopran
Nina Petri, Sprecherin
Heikko Deutschmann, Sprecher
Chor und Orchester der Elisabeth University of Music, Hiroshima
Dirigent: Jonathan Stockhammer
Weitere Infos siehe auch: http://young-euro-classic.de
http://www.andre-sokolowski.de
Neue Musik
YOUNG EURO CLASSIC
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