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5. / 6. März 2012, Deutsche Staatsoper / Staatskapelle Berlin

Nonos AL GRAN SOLE CARICO D'AMORE / Bergs LULU-SUITE



AL GRAN SOLE CARICO D'AMORE mit Laura Sundermann als Deola - Foto (C) Salzburger Festspiele / Stephen Cummiskey


Rosinenpicken (163 / 164)

Im Berliner Kraftwerk Mitte wird es bis zum Wochenende insgesamt fünf Aufführungen von Luigi Nonos AL GRAN SOLE CARICO D'AMORE (zu deutsch etwa: Der großen Sonne wenden wir uns zu) gegeben haben; wir besuchten die am Montagabend:

Nonos oratorisch anmutender als wie musikalisch ausufernder Großhymnus ans schöne Ideal des Kommunismus wurde 1975 am Teatro alla Scala welturaufgeführt, drei Jahre später folgte dann die deutsche Erstaufführung an der Oper Frankfurt (Gielen, Flimm), im Jahr 2009 gabs ein ehrgeiziges Comeback in der Felsenreitschule der Salzburger Festspiele (Metzmacher, Mitchell) - selbige Produktion hat jetzt die Deutsche Staatsoper Berlin ins Kraftwerk Mitte übernommen mit dem einen Unterschied, dass statt der Wiener Philharmoniker diesmal die Staatskapelle Berlin zu hören und bei Weitem nicht zu übersehen war und ist; ein Riesenaufgebot allein an Instrumenten!!

Dieses musikalisch ungeheuer aufrüttelnde aber inhaltlich doch so banale als wie fragwürdige Stück hat lange, lange seine Schuldigkeit getan; vielleicht gemahnte es ein paar der italienischen Besucher "damals", sich der allerschönsten Sache dieser Welt - dem revolutionären Schrei(en) nach der Freiheit aller Unterdrückten oder so - gewissermaßen anzuschließen - - heute könnte man das bei den vielen zahlungswilligen und zahlungskräftigen Berliner Kraftwerk-Mitte-Gästen (ein Event bleibt letzten Endes doch nur ein Event!) kaum mehr erwarten dürfen; rätselhaft bleibt auch im Nachhinein, was diese Nono-Chose eigentlich dann mit den Superreichen an der Salzach vor drei Jahren "innerlich", also bewusstseinsmäßig, anstell'n sollte...

Trotzdem ist die suggestive Wirkung, die allein von der Musik Luigi Nono's ausgeht, schön wie ätzend und macht großes Staunen. Insbesondere der von Eberhard Friedrich einstudierte Chor der Deutschen Staatsoper Berlin beweist einmal erneut, zu was für einer insgesamt grandiosen Darbietung er fähig ist!

Mit kammerspielartigen Großporträteinstellungen (Leo Warner for 59 Productions) werden wir auf Nono's warmherzige Überabsicht, Frauen darzustellen, die die Mütter oder Männer "seiner" Revolutionäre sind, inszenatorisch-penetrant gelenkt; es funktioniert jedoch perfekt!

Nur Grund zum Jubel also, ganz egal, wen man jetzt von den Ausführenden nennen wollen würde - unten stehen sie auf der Besetzungsliste...

* * *


Überhaupt planschte und planscht die Staatskapelle momentan in Wechselbädern der Gefühle. Neben der Erarbeitung und Absolvierung Nono's standen Figaro und Liebestrank auf dem Programm, es folgen (zwischendurch) drei Aufführungen Tristans; und die Festtage um Ostern rum mit den Reprisen Rheingold und Walküre wollen vorbereitet und geprobt sein - Lulu wird dann außerdem Premiere haben...

Daniel Barenboim stellte daher die Lulu-Suite von Alban Berg zentral ins Sinfoniekonzert von gestern Abend; und das Lied der Lulu (dritter Satz) sowie die Abschiedswortees ihrer Freundin Geschwitz (fünfter Satz) sang die sehr junge Israelin Rinnat Moriah - ja und mehr als so ein anfängliches Vorexperiment (mit ihr) war diese Wahl wohl nicht; sie wirkt für diesen Rollenkosmos einfach noch zu unerfahren, und obgleich natürlich ihr vor allem in den Spitzentönen deutlicher Sopran (sie wird demnächst den Waldvogel in Siegfried singen) ein gewisses Material für Lulu - aber etwas später bitte - liefert. / Der Orchesterklang ist über alle Maßen satt und schön. Das Kammermusikalische wirkt angesichts der üppigen Besetzung eigenartig schwirrend und ist so von sphärischer Magie...

Das erste Brahms-Klavierkonzert (mit Radu Lupu als Solist) gefiel sich insgesamt dann breit und breiig. Irgendwie bekam man auch den Eindruck, Zeuge eines routinierten, aber nicht gerade gut gelaunten Spiels gewesen zu sein - aber das Werk an sich hat sowieso was Langweiliges.

[Letztlich gab es nochmals - wie bereits vor Tagen - Till Eulenspiegels lustige Streiche von Richard Strauss.]




Das sind Radu Lupu sowie Rinnath Moriah, die beiden Solisten des VI. Abonnementkonzerts (Spielzeit 2011/12) der Staatskapelle Berlin - Fotos über (C) http://www.staatsoper-berlin.de


Andre Sokolowski - 7. März 2012
ID 00000005801
AL GRAN SOLE CARICO D'AMORE (Berliner Kraftwerk Mitte, 05.03.2012)
Musikalische Leitung: Ingo Metzmacher
Inszenierung: Katie Mitchell
Videoregisseur: Leo Warner for 59 Productions
Regiemitarbeit: Benjamin Davis
Bühnenbild / Kostüme: Vicki Mortimer
Licht: Bruno Poet
Klangregie: André Richard
Live-Kamera: Sebastian Pircher, Krzysztof Honowski
Chor: Eberhard Friedrich
Besetzung:
Sopran I und III ... Elin Rombo
Sopran III und I ... Silke Evers
Sopran I ... Tanja Andrijic
Sopran II ... Hendrickje Van Kerckhove
Sopran IV ... Virpi Räisänen
Alt / Louise Michel ... Susan Bickley
Tenor ... Peter Hoare
Bariton / Deolas Kunde ... Christopher Purves
Bass I / Sohn der Turiner Mutter ... Michael Rapke
Bass II ... Hee-Saup Yoon
Tania Bunke ... Julia Wieninger
Russische Mutter ... Birgit Walter
Deola ... Laura Sundermann
Turiner Mutter ... Helena Lymbery
Chorsoli ... Jaroslaw Rogaczewski
Staatsopernchor
Staatskapelle Berlin
Berliner Premiere war am 1. März 2012
Weitere Termine: 9., 11. 3. 2012
In Zusammenarbeit mit den Salzburger Festspielen

STAATSKAPELLE BERLIN (Philharmonie, 06.03.2012)
Brahms: Klavierkonzert Nr. 1 d-Moll op. 15
Berg: Lulu-Suite
Strauss: Till Eulenspiegels lustige Streiche op. 28
Radu Lupu, Klavier
Rinnath Moriah, Sopran
Staatskapelle Berlin
Dirigent: Daniel Barenboim


Weitere Infos siehe auch: http://www.staatsoper-berlin.de


http://www.andre-sokolowski.de



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