Martin Luther
King - Lulu
auf Linie
bringend
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Marisol Montalvo ist American Lulu von Olga Neuwirth an der Komischen Oper Berlin - Foto (C) Iko Freese / drama-berlin.de
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Im unvollendeten Lulu-Akt Nummer drei von Alban Berg wird Lulu ganz am Schluss von Jack the Ripper abgeschlachtet - Friedrich Cerha (und in letzter Zeit auch andere Berg-Komplettierer) hatte(n) die Geschichte sozusagen fertig komponiert; beim namentlich Genannten schien uns dieses Unterfangen am geglücktesten. In 1980 brachte die Komische Oper Berlin, kurze Zeit nach Abspielen der Zwei-Akt-Fassung (ohne Cerha), ehrgeizig dann noch die Drei-Akt-Fassung (mit Cerha) zur DDR- bzw. zur Gesamtberliner Erstaufführung; da war richtig großer Bahnhof in dem Hause in der Behrenstraße... Und am 12. Juni 2005 sahen und hörten wir dann Marisol Montalvo erstmals überhaupt; sie gastierte als entwaffnende und überwältigende O-Text-Lulu an der Deutschen Oper Berlin. Und irgendwie schließt sich der Kreis - nicht ganz, denn:
Gestern war die Uraufführung von American Lulu der österreichischen Komponistin Olga Neuwirth! Auch eine Bearbeitung der O-Text-Lulu - und ebenso mit Marisol Montalvo als nicht minder entwaffnender und überwältigender Protagonistin.
Die umständliche Untertitelung des Werkes hat einen urheberrechtlichen Grund; selbstredend musste Neuwirth - auch wenn sie zurecht behauptete, ein neues Werk komponiert zu haben - aufs Pennibelste markieren, was und wie sie Alban Bergs Lulu (Akt 1 + 2) bearbeitete, neuinstrumentierte; völlig eigen ist Akt 3. Und fast fünf Jahre ging sie so mit "ihrer" Lulu schwanger, alles ist in Englisch aufnotiert (die Rollen-Texte stammen von der Komponistin selbst sowie von Catherine Kerkhoff-Saxon; jede Menge O-Zitate auch von andern Zeitgenossen aus dem Süden der USA und aus den 50ern - wo Neuwirths Lulu [= American Lulu] örtlich/zeitlich angesiedelt ist - wie Martin Luther King zum Beispiel, der gelegentlich der "Umbaupausen" ausufernd bemüht wird).
Im Wesentlichen ist die Handlung der zwei ersten Lulu-Akte - allerdings mit anderen Personennamen, die den Orten/Zeiten dieses (Neu-)Verlaufes angeglichen wurden - unverändert. Nur der dritte Akt kapselte sich vom Berg'schen Urwillen ein bisschen ab: Eleanor (die amerikanische Geschwitz) löst sich selbstbewusst von der Geliebten, ja und Lulu bleibt als Fünfzigjährige verlassen, einsam und allein zurück; da braucht es also keinen Jack am Schluss...
Obgleich der russische Regiestar Kirill Serebrennikow, der diese Uraufführung inszenierte, zum Finaldonner, der freilich stumm erfolgte, einen furchtbar massakrierten Lulu-Leichnam mittels riesengroßem Videoleinwandfoto in den schwarzen Saal illuminierte - was dann schon als leicht-inkonsequent bewertet werden muss.
Das musikalisch Auffälligste und Gelungenste (!) der Oper sind das Nebeneinander- und Ineinanderlaufen der zwei gänzlich unterschiedlichen "Stile", wie sie Lulu einerseits (mit Berg-ähnlichen Höhenpfiffen) und Eleanor andererseits (Soul-Jazz) zu bringen und zu singen haben. Die Texanerin Della Miles als Lulus weibliches und einziges Pendant bewegte sich dabei auf einem sicheren Terrain, das sie seit Jahr und Tag beherrscht.
Johannes Kalitzke (auch Komponist) leitete das mit vier Saxophonen, Synthesizer, Sampler sowie E-Gitarre aufgefrischte Orchester der Komischen Oper Berlin - vom Band waren zudem sehr wirkungsvolle Klänge einer sog. Wonder Morton Orgel zu vernehmen...
Schwerlich nachvollziehbar blieb nach 105 Minuten Spieldauer, weswegen eigentlich dann eine neue Lulu mit den Klängen aus der alten unbedingt gemacht sein MUSSTE? Und das Argument der heutigen und insbesondere der femininen Sicht auf ein als "Männerstück" absichtlich Missverstandenes zieht hier wohl nicht.
Sehr freundlicher Applaus.
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Della Miles, die Frau in Rot, spielt Eleanor, das weibliche Pendant zur American Lulu von Olga Neuwirth an der Komischen Oper Berlin - Foto (C) Iko Freese / drama-berlin.de
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Andre Sokolowski - 1. Oktober 2012 ID 6245
AMERICAN LULU (Komische Oper Berlin, 30.09.2012)
Musikalische Leitung: Johannes Kalitzke
Inszenierung / Ausstattung: Kirill Serebrennikov
Dramaturgie: Johanna Wall und Sergej Newski
Licht: Diego Leetz
Video: Gonduras Jitomirsky
Besetzung:
Lulu ... Marisol Montalvo
Eleanor ... Della Miles
Clarence ... Jacques-Greg Belobo
Dr. Bloom ... Claudio Otelli
Jimmy/Young Man ... Rolf Romei
Painter ... Dmitry Golovnin
Athlete ... Philipp Meierhöfer
Professor/Banker ... Hans-Peter Scheidegger
Commissioner ... Frank Baer
Lulu-Double ... Jane-Lynn Steinbrunn
Orchester der Komischen Oper Berlin
Premiere war am 30. September 2012
Weitere Termine: 6., 10. 10. / 6., 17. 11. 2012 / 30. 6. 2013
Auftragswerk der Komischen Oper Berlin in Zusammenarbeit mit The Opera Group London
Weitere Infos siehe auch: http://www.komische-oper-berlin.de
http://www.andre-sokolowski.de
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