| BAYREUTHER FESTSPIELE 2024
                  
                   | 
                     
                   
                     
                 
               
                           
                           
       2 mal Fliegender Holländer, 
  einmal für die Kleinen, 
  einmal für die Großen
 
 | 
        
  
Der Zufall wollte es, dass ich gestern - sowohl am späten Vormittag als auch am frühen Abend - gleich zweimal das Vergnügen hatte, den Fliegenden Holländer zu sehen und zu hören. Die erste Version (in Katharina Wagners schöner Reihe der Kinderopern) war die zweifelsohne lustigere der beiden Angebote, die zweite hatte hingegen etwas ernsthaft Hardcoremäßiges, aber der Reihe nach:
 
 Vor acht Jahren spielte der zu dieser Zeit noch ziemlich junge Kai Stiefermann  den für kindliche Gemüter zurechtgetrimmten Holländer - in diesem Jahr nun übernahm das der v.a. schauspielerisch mehr als vitale Michael Kupfer-Radecky [der den Gunther heute Abend, wie die beiden Jahre schon zuvor, in Götterdämmerung verkörpern wird]. Er brillierte übrigens dann auch als hochversierter Bauchredner, der seinem Bienenfresserplüschvogel, dem er mit seiner rechten Hand den Papageienschnabel auf und zu drückte, die Stimme zu diversen Sprecheinlagen lieh; und das gefiel den Kindern freilich ungemein. Tolle Idee.
 
 
 
 
 |   
 
 Der fliegende Holländer (mit Michael Kupfer-Radecky in der Titelrolle) als Kinderoper bei den Bayreuther Festspielen 2024 | Foto: David Mews
 |   
 
 Kerem Hillel inszenierte, und das grandios aussehende wandel- als wie drehbare Bühnenbild entwarf Sarah Wolters. Es gab dann auch einen sog. Wunschfelsen, wo die Protagonistinnen und Protagonisten ihre jeweiligen "Weihnachtswünsche" per bemaltem Zettel ankleben konnten; Daland (Lucas Singer) wollte eine prall gefüllte Schatztruhe, Senta (Brit-Tone Müllertz) ihr Holländergeschenk in persona, der Holländer sein Sentageschenk auch in persona usf.; und die Kinder würden das schon irgendwie in die Reihe gekriegt haben. Und auch Daniel Jenz (als Steuermann) sah hübsch aus, und er sang zudem auch gut.
 
 Bewertung:      
 
 *
 Der Inszenierungsansatz von Dmitri Tcherniakov (im Erwachsenen-Holländer am Abend) war und bleibt genial: 
 
 Daland (Georg Zeppenfeld) hatte vor etlichen Jahren eine Sexaffäre mit der mittellosen Mutter vom damals kleinen Holländer, der immer in ihrer unmittelbaren Nähe war, wenn sie sich, außer mit ihrem Stamm- und Hauptkunden Daland, noch mit anderen Männern gegen Geld "vergnügte" - bis das nicht mehr ohne Weiteres florieren sollte und Daland sie plötzlich auch noch fallen ließ; zudem verwehrte ihr zu guter Letzt der Pfarrer der Gemeinde den Eintritt zu seiner Kirche, vielleicht wollte sie dort Absolution... Schließlich erhängte sie sich, oder sie wurde von irgendwem von einem offnen Speicherfenster aus ermordet und erhängt; ja und ihr kleiner Sohn kriegte das alles mit und war fortan traumatisiert - und nun, Jahrzehnte später, sinnt er auf Rache für die Ablehnung und den zu frühen (Selbst-)Tod seiner Mutter und kehrt diesbezüglich in die kleine Stadt seiner Geburt zurück...
 
 Senta (Elisabeth Teige) ist die renitente Tochter Dalands und Marys (Nadine Weissmann) - doch der Holländer (Michael Volle) hat es nicht etwa auf Senta, sondern auf Daland abgesehen, und ihm gebührt das vollständige Rachegelüst des anhaltend Traumatisierten. 
 
 Es kommt, wie es kommen muss: Die Gemeinde aus Holländers Geburtsstadt muss stellvertretend für alles, was ihm früher geschah, dran glauben; erst knallt er paar der ihren ab, und dann setzt er ihre Häuser allesamt in Brand...
 
 Musikalisch funktionierte das alles weit weniger glücklich: Volle, der seine kraftzehrende Titelrolle mit Gehhilfe (unter sichtlichen Schmerzen) absolvierte, wirkte angestrengt wie nie zuvor. Teige meisterte ihre Mordspartie irgendwie gekonnt, obgleich es weniger als schön geklungen hatte. Eric Cutler schmetterte seinen Erik aus sich heraus als wäre es der Siegmund aus Walküre; ihm zugehört zu haben nervte ohne Ende - wieso dann Dirigentin Oksana Lyniv ausgerechnet das abschließende "Duett" zwischen Erik & Senta so derart breit nehmen musste, bleibt ein Rätsel sondergleichen.
 
 Summa summarum: Tolle Inszenierung - musikalisch strapaziös.  
 
 Szenische Bewertung:      
 
 
 
 
 |   
 
 Gleich reißt Michael Volle (als Holländer) der Geduldsfaden gegenüber den Einwohnern seiner Geburtsstadt, und er knallt drei von ihnen wahllos ab; etwas später lässt er ihre Behausungen von seinen Mannen der Reihe nach abfackeln - so geht es zu Dmitri Tcherchiakovs Fliegendem Holländer bei den Bayreuther Festspielen 2024 | Foto (C) Enrico Nawrath 
 |   
  
Andre Sokolowski - 2. August 2024 ID 14859
 
KINDEROPER: Der fliegende Holländer (Probebühne 4, 01.08.2024) 
 Musikalische Leitung: Azis Sadikovic 
 Regie: Kerem Hillel 
 Dramaturgie: Caterina Szigeth 
 Bühnenbild: Sarah Wolters
 Besetzung:
 Daland ... Lucas Singer 
 Senta ... Brit-Tone Müllertz 
 Erik ... Martin Koch 
 Mary ... Alexandra Ionis 
 Der Steuermann ... Daniel Jenz 
 Der Holländer ... Michael Kupfer-Radecky
 Brandenburgisches Staatsorchester Frankfurt/Oder 
 Premiere war am 25. Juli 2024.
 Weitere Termine: 02., 03.08.2024
 
 DER FLIEGENDE HOLLÄNDER (Festspielhaus, 01.08.2024)
 Musikalische Leitung: Oksana Lyniv 
 Regie und Bühne: Dmitri Tcherniakov 
 Kostüme: Elena Zaytseva
 Licht: Gleb Filshtinsky 
 Dramaturgie: Tatiana Werestchagina 
 Chorleitung: Eberhard Friedrich
 Besetzung:
 Daland ... Georg Zeppenfeld 
 Senta ... Elisabeth Teige 
 Erik ... Eric Cutler 
 Mary ... Nadine Weissmann 
 Der Steuermann ... Matthew Newlin 
 Der Holländer ... Michael Volle 
 Chor und Orchester der Bayreuther Festspiele
 Premiere war am 25. Juli 2021.
 Weitere Termine: 08., 11.08.2024 
 
 
 Weitere Infos siehe auch: https://www.bayreuther-festspiele.de
          
     
         Post an Andre Sokolowski
  
https://www.andre-sokolowski.de
  
BAYREUTHER FESTSPIELE
  
Konzerte
  
Musiktheater
  
Rosinenpicken
 
  Hat Ihnen der Beitrag gefallen? 
  Unterstützen auch Sie KULTURA-EXTRA!
  
 
  
  Vielen Dank.
          
            
                           |   
                          
               
  
                   | 
            | 
          Anzeigen: 
 
  
 
 
  
 Kulturtermine 
 TERMINE EINTRAGEN
  Rothschilds Kolumnen
  BALLETT |  PERFORMANCE |  TANZTHEATER
 CD / DVD
  KONZERTKRITIKEN
  LEUTE
  MUSIKFEST BERLIN
  NEUE MUSIK
  PREMIERENKRITIKEN
 ROSINENPICKEN
 Glossen von Andre Sokolowski
  RUHRTRIENNALE
 
  
 
 
 
 = nicht zu toppen
 
  
 = schon gut
 
  
 = geht so
 
  
 = na ja
 
  
 = katastrophal
 
  
 |