Lesen im Urlaub >>> Emily Brontë, Sturmhöhe
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Bewertung:
Gibt es ihn den Teufel in Menschengestalt? Ist er ein dunkler Dämon, der Elend und Leid unter die Leute bringt, oder handelt es sich um einen leidensfähigen Zigeuner (der Begriff war zu Brontës Zeit üblich), der sich verkannt auf tragische Art und Weise rächt? Das Findelkind Heathcliff gibt den Lesern Mysterien auf. Emily Brontë beschreibt [in Sturmhöhe] dieses Wesen in all seiner Vielschichtigkeit und hält das Geheimnis um den dunklen Mann mit dem schwarzen buschigen Haar dennoch bis zur letzten Seite aufrecht.
„Ich kenne kein Mitleid“ Ich kenne kein Mitleid! Je mehr die Würmer sich krümmen, desto stärker reizt es mich, sie zu zertreten. Es ist wie ein moralisches Zahnen: je schlimmer der Schmerz wird, desto kräftiger beiße ich die Zähne zusammen.“ (S. 203)
So charakterisier sich Heathcliff selbst. Dem einzigen Menschen, dem gegenüber er Gefühle verspürt, ist seine Spiel- und Weggefährtin Catherine Earnshaw, die jedoch nicht ihn, sondern den Sohn des Nachbarn Edgar Linton heiratet. Damit ist das Drama initiiert. Zwei Familien unterliegen geradezu einem Fluch. Krankheiten und Nervenfieber säumen den Weg der Menschen, die diesen Familien angehören.
Erzählt bekommen wir die bizarren Handlungen indirekt von der Haushälterin, die treu und brav ihren Dienst über zwanzig Jahre hinweg abwechselnd in beiden Herrensitzen versieht und die die bizarren Geschichten einem Pächter gegenüber schildert. So erhalten wir eine Insidersicht ohne eine persönliche Betroffenheit, ohne Wertungen und Kommentare. Um den Überblick zu wahren, wer mit wem verheiratet ist und woher welche Kinder stammen, ist dem Buch ein Stammbaum vorangestellt.
Unheimlich geht es zu, denn nicht alle Ereignisse lassen sich realistisch erklären, der Roman ist und bleibt gruselig. Mit diesem Schauerroman löst sich Emily Brontë aus der Umgebung ihrer Schwestern Charlotte und Anne, die mit Jane Eyre und Agnes Grey primär einen Liebesroman verfassten. Die unwirtliche Gegend in Yorkshire und die damit verbundenen ungesunden Lebensbedingungen der drei Pfarrerstöchter spiegeln sich jedoch in allen Romanen wieder. Emily stirbt 1845 als erste der drei Schwestern mit gerade dreißig Jahren an Tuberkulose.
Ursprünglich veröffentlichten die Geschwister unter männlichen Pseudonymen, denn eine Frau galt im neunzehnten Jahrhundert nichts – auch nicht als Autorin. Erst 1850 nach dem Tod von Anne enttarnt Charlotte die Pseudonyme: Acton, Ellis und Currer Bell. Ihre Werke überdauerten bis heute, und so dürften die Schwestern stolz sein, dass ihre Literatur auch nach zwei Jahrhunderten zu den Klassikern zählt.
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Ellen Norten - 31. März 2016 ID 9225
Emily Brontë | Sturmhöhe
Flexcover
Eur 9,90 (D), Eur 10,20 (A)
EPUB, Eur 8,99
dtv, bibliophile Sonderausgabe 2014
ISBN 9783423143554
Weitere Infos siehe auch: http://www.dtv.de/special/sonderedition_bronte-schwestern/buecher/2045/
Post an Dr. Ellen Norten
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