Der Familien-
tyrann
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© MDR/ARD Degeto/BR/ORF/EIKON Media/epo
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Bewertung:
Zuvörderst sei an Lothar Bellags vierteiligen Fernsehfilm Johann Sebastian Bach (mit Ulrich Thein in der Titelrolle) erinnert - der wurde im Zuge der Bach-Händel-Schütz-Ehrung 1985 als überaus sehenswerte Koproduktion des Fernsehens der DDR mit dem Ungarischen Fernsehen (Kamera: András Szalai) gedreht, und eine der schönsten Szenen hierin war der Schluss, wo Franziska Troegner (als Anna Magdalena Bach), kurz nach dem Tod ihres gerade verstorbenen Gatten, durch ein Getreidefeld streift und im Hintergrund "Et resurrexit" aus der h-Moll-Messe erklingt; einfach überirdisch diese Szene!
Nach ähnlich-cinemaskopischen Highlights sucht man freilich jetzt in dem - passend zur Adventszeit - sowohl in der ARD Mediathek als auch (gestern Abend) im Ersten gezeigten Biopic Bach - Ein Weihnachtswunder, das von Christian Schnalke (Buch) und Florian Baxmeyer (Regie) "filmkünstlerisch" verantwortet wurde, vergeblich.
Zu sehen und zu hören war eine den bildungsbürgerlichen Grundansprch nicht allzu überfordernde und teilweise ganz gut recherchierte Film-Geschichte über den mittlerweile 50-jährigen Leipziger Thomaskantor J.S. Bach, der - unter tyrannischer Ausübung seiner Familienoberhauptheit - mit den allerletzten Noten seines bis zum ersten Weihnachtsfeiertag fertig zu komponierenden Weihnachtsoratoriums zu kämpfen hat:
"Der mächtige Stadtrat Stieglitz (Thorsten Merten) weist ihn in die Schranken: Bach soll nicht wieder 'opernhafte' Musik komponieren. Bach wagt den gefährlichen Widerspruch zur Obrigkeit. Rückhalt findet er bei seiner Frau, der begabten Sängerin Anna 'Magdalena' Bach (Verena Altenberger), die sich klug an Stieglitz‘ Ehefrau Maria (Christina Große) wendet. Die 8-jährige Elisabeth (Lotta Herzog) besorgt auf eigene Faust den Weihnachtsbaum. Je näher die Aufführung rückt, umso mehr braucht der Komponist die Unterstützung seiner Familie, doch erst als der Patriarch dem Talent des von ihm geringgeschätzten Sohns Emanuel (Ludwig Simon) vertraut, gelingt das ambitionierte Werk. Um das Weihnachtsoratorium in der Thomaskirche aufzuführen, arbeiten die Bachs nun Tag und Nacht – bis plötzlich der zehnjährige Gottfried (German von Beug) spurlos verschwindet." (Quelle: Das Erste)
Devid Striesow spielt den körperlich recht wuchtig daherkommenden Bach, und wie er das macht, zeugt (wie immer im Fall von Striesow) von einer schauspielerischen Delikatesse sondergleichen; und eigentlich war nur er es, dessentwegen es mich rein zufällig am Fernseher hielt, denn ursprünglich wollte ich mir auf Prime Kubricks Horrorfilm Shining, den ich schon seit Jahren und Jahrzehnten nicht mehr sah, reinziehen.
Im Mittelpunkt des weihnachtlichen Bach-Films steht das familiäre Umfeld - und wir erfahren beispielsweise, dass sieben Kinder, die der alte Bach mit seiner zweiten Frau Anna-Magdalena zeugte, entweder Totgeburten oder zu früh gestorben waren; ganz schön viel auf einmal. Und schon wieder ist die Gattin schwanger und verheimlicht es bis kurz vor Filmschluss, weil sie ihren Gatten während seiner Arbeit nicht hiermit belasten oder belästigen will.
Die wahrscheinlich konfliktbeladenste Beziehung in der Großfamilie besteht zwischen Vater Bach und Carl Philipp Emanuel, seinem Sohn aus erster Ehe - der war lt. Filmplot (von seiner Stiefmutter gerufen) kurz mal zu Besuch, wurde dann allerdings von seinem Vater wenig oder nicht beachtet. Der Lieblingssohn des alten Bach, Carl Philipp Emanuels älterer Bruder Friedemann (Dominic Marcus Singer), versuchte zwar zwischen den beiden zu vermitteln, aber erst zum glücklichen Filmende - als dann auch der wegen all der Familienstreitigkeiten verzweifelt ausgebüchste schwachsinnige Bach-Sohn Gottfried von seinen Liebsten wiedergefunden und -aufgegriffen wurde - fand eine gewisse menschliche Annäherung zwischen den beiden statt; Carl Philipp Emanuel sollte nämlich beim Fertigstellen der WO-Noten behilflich sein.
Künstler sind gottlob dann auch nur Menschen - das war und ist die Quintessenz dieses etwas seichten Unterhaltungsstreifens mit Musik; und anstatt sich ausschließlich aus dem unüberschaubaren Kosmos der Bach'schen Kompositionen zu bedienen, "komponierte" Martina Eisenreich für diesen Film noch ihre hochbanalen Einfälle dazu; das klang schon mehr als peinlich.
"Jauchzet, frohlocket!"
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Die ganze Familie Bach arbeitet kurz vor dem Festtag auf Hochtouren (v.l.n.r.:) Emanuel (Ludwig Simon), Johann Sebastian (Devid Striesow) und Friedemann (Dominic Marcus Singer). | Bild: ARD Degeto Film/MDR/BR/ORF/EIKON Media/epo Film/Ricardo Gstrein
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Bobby King - 19. Dezember 2024 ID 15072
Bach - Ein Weihnachtswunder (D 2024)
Regie: Florian Baxmeyer
Buch: Christian Schnalke
Kamera: Sten Mende
Musik: Martina Eisenreich
Besetzung:
Johann Sebastian Bach ... Devid Striesow
Anna Magdalena Bach ... Verena Altenberger
Emanuel Bach ... Ludwig Simon
Friedemann Bach ... Dominic Marcus Singer
Gottfried Bach ... German von Beug
Elisabeth Bach ... Lotta Herzog
Adrian Stieglitz ... Thorsten Merten
Maria Stieglitz ... Christina Große
Christian Henrici ... Victor Tahal
Superintendent ... Christoph Luser
Hofkapellmeister Hasse ... Dominik Weber
Ursendung im Ersten: 18. Dezember 2024
Weitere Infos siehe auch: https://www.daserste.de/
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